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Der Lächler vom Dienst

Gute Nachricht für den Delfin

Der Lächler vom Dienst
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Keine Gefangenschaft mehr in Indischen Delfinarien.
Indien verbietet offiziell die Haltung von Delfinen im Land! Für Delfinschützer ein erster großer Erfolg der „Helsinki-Deklaration“, die vor drei Jahren Rechte für Wale und Delfine als „nichtmenschliche“ Personen ausgerufen hat. Zum schönen Anlass ein Porträt unseres Lieblings-Wassersäugers.

In der Tat sind seine Strategien von bestechendem Erfolg. Man kennt sich untereinander per Namen; jeder Delfin hat einen eigenen Erkennungspfiff. Man formt ein Rudel aus einem Dutzend Artgenossen, spricht sich mit Pfeif-, Klick- und Schnatterlauten untereinander ab, treibt die wuselnde Beute immer mehr in die Enge und macht sie mit wohldosierten Sonarstößen willenlos, bis sie einem quasi von selbst ins Maul schwimmt.

Soweit die Ausgangslage. In letzter Zeit allerdings ist es in den Weiten der Meere ziemlich ungemütlich geworden.

An allen Ecken lauern Fischernetze oder Motorboote von Jägern, die den Delfin ins Flachwasser treiben wollen, um ihn zu Schnitzeln zu verarbeiten. Kriegsmaschinen entfesseln einen Lärm, der ihm die Sinne lähmt. Die Weltmeere sind weiß Gott nicht mehr, was sie einmal waren, seit Homo sapiens und seine Erfindungen darin ihr Unwesen treiben.

Man könnte sich vorstellen, der Delfin würde mit der Zeit ein bisschen wütend werden und sich gegen diesen Emporkömmling der Evolution erheben. Was aber tut er? Rettet Schiffbrüchige vor dem Ertrinken – wie es schon die alten Griechen staunend beobachteten. Führt kranke Menschen an seiner Rückenflosse durchs Wasser spazieren und betätigt sich – wenn man den Ausführungen entsprechender Spezialisten glauben mag – per Sonar als Blockadenlöser für die menschliche Gesundheit. Und lässt sich sogar geduldig vor johlendem Publikum mit Klobürsten die Zähne putzen, anstatt den Freizeitpark-Dompteuren mit ein paar Schwanzflossen-Hieben zu zeigen, wo der Hammer hängt.

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Eine fast schon beängstigende Geduld. Man könnte den Eindruck bekommen, der Delfin sei gewissermaßen der Gandhi unter den Meeresbewohnern.

Woher diese unendliche Langmut? Man könnte es sich jetzt leicht machen und sagen: Vielleicht begreift er einfach nicht, was Sache ist; vielleicht ist der Delfin am Ende doch nicht so helle, wie alle immer meinen. Man könnte sich dabei auf diese neuen Studien berufen, die sagen: Sein viel gerühmtes Riesenhirn bestehe weitgehend aus einer Art Isoliermasse gegen Unterkühlung. Er brauche Monate, um auch nur ein Dreieck von einem Quadrat zu unterscheiden. Sogar Goldfische seien erfolgreicher im Lösen von Intelligenztests.

Das mag im Detail stimmen. Aber soll die Fähigkeit, Intelligenztests zu lösen, wirklich das Maß aller Dinge sein? Kann jemand, der ein paar Schwächen mit Drei- und Vierecken hat, nicht gleichzeitig andere, enorme Qualitäten aufweisen – zumal, wenn es jemand ist, der in gewissen Kreisen als „Experte für Projektmanagement“ gerühmt wird?

Vielleicht liegt der Schlüssel zum Verstehen des Delfins ja in diesem unerschütterlichen Dauerlächeln, das anatomisch in sein Gesicht zementiert ist; Millionen Jahre lang gute Laune, die sich auch im Gemüt verankert hat. Oder spielen am Ende doch mysteriöse, von manchen Menschen beschworene „delfinische Kraftfelder“ eine Rolle, in denen stets alles easy ist?

Was auch immer des Rätsels Lösung sein mag: Wer weiß, ob ihm nicht irgendwann doch mal der Geduldsfaden reißt, wenn wir es so weitertreiben; ob in irgendeinem Chlorbecken dieser Welt sich ein freiheitlicher Funke entzündet, umstürzlerische Parolen von Petting Pool zu Petting Pool weitergepfiffen werden, bis sich schließlich eine weltumspannende Revolte erhebt. Ein Heer von Delfinen, rund um den Globus, bäumt sich auf, begehrt auf, ergreift die Klobürsten, schlägt zurück und zahlt uns alles heim …

Man weiß es nicht, wie so vieles. Aber es könnte durchaus im eigenen Interesse von Homo sapiens sein, sich bei Begegnungen mit dem Delfin ein respektvolleres Verhalten anzugewöhnen. Ein ganz neues Denken gewissermaßen. Moralische Appelle helfen da, wie man weiß, herzlich wenig. Vielleicht wäre dem einen oder anderen durch ein paar Schwimmzüge mit einem Delfin schon geholfen?

Dieses Tier und Wir von Tobias Zick erschien in der Januar-Ausgabe 2007 von natur.

Bild: Fotolia

© natur.de – natur Redaktion
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