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Der Opferkult der Moor-Menschen

Allgemein

Der Opferkult der Moor-Menschen
Der „Rote Franz” bekommt ein neues Gesicht, wird frisiert und dann dem Publikum präsentiert. Deutschlands bekannteste Moorleiche ist beredter Zeuge einer nordeuropäischen Kultur in einer lebensfeindlichen Umwelt – den verlandeten Eiszeitseen. Die Moorforscher haben jetzt erstaunliche Details zusammengetragen.

Die Person war männlich, 25 bis 30 Jahre alt, einen Meter achtzig groß. Sie hatte eine Verletzung am Schlüsselbein und eine Schnittwunde am Hals. „Dem Untersuchten wurde die Kehle durchgeschnitten”, berichtet Detlef Günther vom Gerichtsmedizinischen Institut der Medizinischen Hochschule Hannover. Darüber hinaus entdeckten die Mediziner bei dem stark eingeschrumpelten Mann verheilte Knochenschäden: an der rechten Schulter vermutlich eine Verletzung von Pfeil oder Lanze, am Schlüsselbein einen Bruch eventuell durch einen Sturz vom Pferd. Verformungen der Oberschenkel deuten darauf hin, dass der „Rote Franz” – so der Spitzname von Deutschlands berühmtester Moorleiche – viel geritten ist. Die Ingredienzien des Moores haben die Haare des Mannes rot gefärbt und überhaupt für die Erhaltung des organischen Gewebes gesorgt. Wie Franz, der in der römischen Kaiserzeit lebte und dessen Leiche im emsländischen Neu Versen entdeckt wurde, zu Lebzeiten aussah, wird zurzeit rekonstruiert und ab Mitte Mai in der Ausstellung „Der Tempel im Moor” (siehe Community-Kasten hinten) zu sehen sein. Trotz C-14-Untersuchung, Kernspintomogramm und Computersimulation können die Wissenschaftler das letzte Geheimnis um den Roten Franz nicht lüften: Ein reitender Krieger wird um 300 n.Chr. mit durchgeschnittener Kehle im Moor zur vermeintlich letzten Ruhe gebettet: vom Gegner getötet? Von den eigenen Leuten gerichtet – oder geopfert? Der Rote Franz ist der spektakulärste Fund aus der geheimnisumwitterten Welt der Moore. Um sie zu enträtseln, sammeln seit rund 150 Jahren Heimatkundler und Moorarchäologen, was beim Torfabbau zutage tritt: haufenweise Gefäße und Schmuck, ganze Waffenarsenale und zahlreiche Moorleichen. Nun glauben die Torf-Tüftler mit Unterstützung von Naturwissenschaftlern, Medizinern und Volkskundlern die wesentlichen Fragen beantworten zu können: Wie lebten die Menschen am Rande der ausgedehnten Moore? Warum lebten sie in einer solch unwirtlichen Umwelt? Und was brachte sie dazu, sich von einem Teil ihrer Ernte, kostbaren Waffen und Schmuck zu trennen? Die Moor-Forscher können inzwischen die landschaftsgebundene Kulturgeschichte einer langen Menschheitsperiode erzählen, denn die Funde aus den Mooren reichen von der Steinzeit bis in die römische Kaiserzeit. April 2001: Im niederländischen Drents-Museum schallen fast drei Wochen lang die dumpfen Schläge von Steinäxten. Dann haben es die vier Männer geschafft. Aus dem Kiefernstamm ist ein Einbaum entstanden, der tatsächlich schwimmt und Menschen tragen kann. Mit dem Experiment haben die Archäologen des Moor-Museums bewiesen, dass ihr „Einbaum von Pesse” – mit der C-14-Methode auf die Zeit 8040 bis 7510 v. Chr. datiert – das älteste jemals gefundene Boot ist. „Immer wieder kamen Besucher und bezweifelten, ob das überhaupt ein Boot sei”, erläutert Vincent van Vilsteren, „es könne ja auch ein Nahrungstrog sein.” Nun kann sich jeder Besucher im Sommer selbst von der Schwimmfähigkeit des – nachgebauten – Einbaums überzeugen. Mit solchen Booten gingen die Steinzeitmenschen auf Fischfang und erschlossen sich in der wasserreichen Landschaft ein die Ernährung sicherstellendes Jagdgebiet. Die Feuerstellen und Siedlungsplätze in der holländischen Provinz Drente belegen für die Archäologen, dass die steinzeitlichen Nordeuropäer meist in kleinen Gruppen umherwanderten und nur ein- bis zweimal im Jahr in einem zentralen Lager am See zusammenkamen. Bei solchen Sippentreffen wurde schon vor 8000 Jahren reichlich geopfert. Die Steinzeitjäger versenkten ganze Tiere in das stehende Gewässer, aber auch Hirschgeweihe, die begehrter Rohstoff für Nägel, Hammer und Messergriffe waren. Und sie opferten ihren eigentlichen Reichtum: Pfeilspitzen, Beile und Messer aus Feuerstein. „Es gibt tausende von solchen Funden in den Seen und späteren Mooren”, urteilt Urgeschichtler Stephan Veil, „die Dinge können nicht einfach verloren worden sein.” In der Übergangszeit vom Mesolithikum zur Jungsteinzeit – 4. bis 3. Jahrtausend v.Chr. – versenkten die Nordmannen in den Mooren ganze Feuersteindepots. In der niederländischen Provinz Drente sind fertige und halbfertige Geräte aus rotem Feuerstein darunter, die von den Helgoländer Felsen stammen. In Mitteleuropa machte etwa um 4500 v.Chr. die „Neolithische Revolution” aus den Jägern und Sammlern sesshafte Bauern – mit Waldrodung, Getreideanbau und Viehzucht. Der Norden hinkte hinterher – jedoch nicht so lange, wie bislang angenommen. Sedimentanalysen des Belauer Sees südlich von Kiel zeigen, dass sich dort um 3400 v.Chr. offenes Land ausbreitete – und zwar durch Brandrodung, wie Holzkohlepartikel beweisen. Zur gleichen Zeit versumpften allmählich die flachen Seen. Die absterbenden Gräser, Röhrichte, Seerosen und andere Wasserpflanzen waren so üppig, dass sie nicht mehr von den Mikroorganismen abgebaut werden konnten. Torf lagerte sich Schicht für Schicht über den Seeboden. Die Veränderungen gingen nicht überall und gleichzeitig vonstatten. In Dänemark und Schleswig-Holstein waren es vorwiegend kleine Seen, die zu vereinzelten Kesselmooren verlandeten. In den nordöstlichen Niederlanden und Niedersachsen verwandelten sich ganze Landstriche in Moore. Anfangs bildeten sich nährstoffreiche Niedermoore, die vom Grundwasser kontinuierlich feucht gehalten wurden. Doch dann wuchsen die Moore über die Umgebungshöhe hinaus. „Ein Hochmoor ist eine Art Wassersystem, das von Massen toter, teilweise verrotteter Pflanzenreste gebildet und durch eine lebende Vegetationsdecke in Betrieb gehalten wird”, erläutert der Groninger Moor-Experte Wijnand van der Sanden. Dabei geht der Kontakt zum Grundwasser verloren – Hochmoore bestehen bis zu 95 Prozent aus nährstoffarmem Regenwasser, das von der einzigen Vegetation, Torfmoosen, gespeichert wird. Stirbt das Moos ab, wird das Kohlehydrat Sphagnan freigesetzt, das sich zu brauner Humussäure umwandelt. Beide Stoffe binden Kalzium und Stickstoff – damit entziehen sie Mikroorganismen jegliche Lebensgrundlage. Auf diese Weise bleiben Haut, Haare, Nägel, Gehirn und Eingeweide erhalten, aber auch Wolle, Felle und Leder. Pflanzliche Materialien wie Leinen verschwinden dagegen spurlos. Zur Nutzung durch den Menschen war das Moor ungeeignet. Die Menschen siedelten auf den angrenzenden Sandflächen: im frühen Neolithikum eine Art Wettrennen zwischen den sich ausbreitenden Mooren und den Menschen, die immer mehr Platz für Ackerbau und Viehzucht benötigten. In diese Zeit fällt eine der Hochphasen der Mooropferungen: Neben Feuersteinen, Tier- und Geweihopfern sowie Wagenrädern von Moorkarren versenkten die Steinzeitler besonders oft Prachtgefäße aus Ton. Vermutlich waren sie mit Getreide gefüllt. Nachdenklich geht der Prähistoriker Stephan Veil im Landesmuseum Hannover zwischen den Moorfunden auf und ab: „Die Menschen gaben viel und Wertvolles her. Sie wollten dafür etwas. Gute Ernten, langes Leben oder viele Nachkommen? Wir wissen nicht, worum und wen sie baten.” Es gibt keinerlei schriftliche Zeugnisse. So sind die Forscher auf die Volkskunde angewiesen, um dem Sinn der endlosen Opfergaben auf die Spur zu kommen: Im 16./17. Jahrhundert n.Chr. begannen die Menschen, den Torf immer intensiver abzubauen. Dennoch hatten sie Respekt vor dem Moor. Es galt als tückisch und gleichzeitig als übernatürlich – ein guter Ort für Kontakte zum Jenseits. Vielleicht empfanden die Steinzeitler Ähnliches. Im 4. Jahrtausend lebten die nordischen Landbewohner fast ausschließlich von Landwirtschaft und vom Fischfang an Küste und Seen. Bis zu 100 Menschen wohnten mit ihrem Vieh in Langhäusern von 25 bis 40 Meter, in Dänemark vereinzelt bis zu 70 oder 80 Meter Länge. Kleine Gebäude, auf Stelzen gebaut, dienten der Vorratshaltung. „Nach allem, was wir heute wissen, waren die Menschen in Norddeutschland nicht rückständig gegenüber ihren Nachbarn”, mildert Stephan Veil ein verbreitetes Vorurteil. „Es gab Ungleichzeitigkeiten am Beginn des Neolithikums, doch in der Bronzezeit sind keine Unterschiede mehr zwischen Mittel- und Nordeuropa feststellbar.” In der Bronzezeit (etwa 2100 bis 750 v.Chr.) legten die Menschen beim Opferkult mehr Nachdruck auf leblose, aber sehr kostbare Gegenstände. Metalle als Werkzeuge und Waffen, als Schmuck und als rituelle Opfergabe spielten eine zunehmend wichtigere Rolle. Zu den Metallfunden aus den Mooren gehören auch Gießformen für Bronzebeile. Sie beweisen: Die Bronze wurde vor Ort verarbeitet. Allerdings nimmt Archäologe van Vilsteren an, dass herumreisende Bronzeschmiede das Metall hämmerten. Für den Beruf des Dorfschmiedes war die Arbeitsteilung noch nicht ausgeprägt genug, man lebte weiterhin vorwiegend von der Landwirtschaft. Doch die Kleidung hatte hohe Qualität, Wolle und unterschiedliche Webtechniken waren Standard. Lederschuhe und -mützen sowie Prachtmäntel wurden den Moorleichen mitgegeben und sagen etwas über die soziale Struktur aus – ebenso wie Bronzewaffen und -schmuck. Urgeschichtler Veil: „Die Menschen waren nicht nur in der Lage, Bronze zu tauschen, sondern auch, sich von diesem Reichtum wieder zu trennen.” Bei so vielen rituellen Funden ist es umso erstaunlicher, dass die Archäologen keinerlei sakrale Bauwerke finden. „Während in den südlichen Gebieten Heiligtümer und Tempel an festgelegten Stellen die religiöse Topografie bestimmen”, führt der Kieler Ur- und Frühgeschichtler Michael Müller-Wille aus, „waren es im Norden stets ähnliche Situationen – nur Stelen am oder nahe beim Wasser. Von Tempeln können wir nicht sprechen.” Mit einer Ausnahme: Bei Bargeroosterveld in der holländischen Provinz Drente stießen Torfarbeiter 1957 auf ein Gebäude. Die Archäologen sicherten die Spuren dieses einmaligen Bauwerks penibel und konnten es so rekonstruieren: In einem Steinkreis von vier Meter Durchmesser stand ein Holzbau von zwei mal zwei Meter. Er bestand im Wesentlichen aus acht senkrechten Pfosten, die nach oben in hornartigen Enden ausliefen. Dass es sich um einen Tempel „im” Moor handelt, belegen zwei tragende horizontale Balken aus Eichenholz, die das Gewicht der senkrechten Pfosten abfingen und so ein Versinken verhinderten. Die Jahresringe der Eichenstämme verrieten, dass das Gebäude zwischen 1478 und 1470 v.Chr. errichtet wurde. Im Innenraum standen vier kleinere Pfosten. „Vielleicht trugen sie einen Opfertisch”, vermutet van Vilsteren. „Wir können dem Gebäude jedenfalls keine andere Bedeutung als eine sakrale zuordnen.” 1500 Jahre später verschob die Ausdehnung des Römischen Reiches die nordischen Siedlungsgebiete und sorgte für Spannungen innerhalb der germanischen Stämme. „Es ist durchaus denkbar, dass die Unruhen in dieser Zeit zu einer Intensivierung der Opfer geführt haben”, urteilt van der Sanden. Auch die Objekte änderten sich: Es wurden auffallend mehr Waffen geopfert – manchmal als Beschwörung für einen bevorstehenden Kampf, häufig als Dank. Im Moor von Hjortspring fanden dänische Archäologen über 170 Speerspitzen, 11 einschneidige Schwerter und über 64 Schilde. Dazu Kettenpanzer, Werkzeuge und Kupferkessel – die Waffen und Utensilien eines Heeres, das auf Jütland gelandet und von den Einheimischen besiegt worden war. Weitaus befremdlicher wirkt ein anderes Phänomen dieser Zeit: Moorleichen. Vereinzelt gab es sie schon im Neolithikum, doch die größere Zahl stammt vom Ende der Bronzezeit bis zur römischen Kaiserzeit. Nach einer Auflistung des deutschen Archäologen Alfred Dieck aus dem Jahr 1986 wurden in den Jahrhunderten des Torfabbaus insgesamt über 1850 Moorleichen registriert. Inzwischen wurde ein Großteil der Moorleichen mit Endoskopen und Computertomografen, biologischen und chemischen Analysen allseits untersucht. Selbst das einstige Aussehen dieser Menschen lässt sich treffend rekonstruieren. So wurde das „Mädchen von Yde” – 2000 Jahre alt, jedoch sehr gut erhalten – in Kunststoff wiedererweckt: Das lange blonde Haar (nachgewiesen) und die blauen Augen (nicht nachgewiesen) wurden vom Publikum akzeptiert. Doch kann ein 16-jähriges Mädchen vor 2000 Jahren eine so hohe Stirn gehabt haben? Die niederländischen Archäologen griffen zu einer unkonventionellen Beweisführung: Sie veranstalteten einen „Look-like-Wettbewerb”. Siegerin wurde eine junge Frau, die das Mädchen von Yde hätte doubeln können, ohne dass es deren Eltern aufgefallen wäre. Mit Sicherheit aber ist das heutige Mädchen von Yde gesünder als ihre Vorgängerin. Denn die litt an einer starken Verkrümmung der Wirbelsäule, idiopathische Skoliose genannt, die den Brustkorb und das Kreuzbein in Mitleidenschaft zog. Wahrscheinlich war ihr rechter Fuß beim Laufen nach innen gedreht. Auch zahlreiche andere Moorleichen weisen an ihrem Skelett Anomalien auf. Eine Frau von nur rund 30 Jahren litt bereits unter Osteoporose, und die meisten Moorleichen waren zu Lebzeiten von Parasiten wie Spul- und Peitschenwürmern befallen. Ein Grund für die zahlreichen Krankheiten wird die schlechte Ernährung gewesen sein. Im Selbstversuch gingen Wissenschaftler dieser Frage beim rund 2400 Jahre alten Tollund-Mann aus Jütland nach. In dessen Magen und Darm hatten die Forscher Reste von Getreide – Gerste und Hafersorten – und Kräutern gefunden, die man auch als Unkräuter titulieren könnte: Flachs, Knöterich, Weißer Gänsefuß und Ackerveilchen. Außerdem entdeckten sie Blätter von Torfmoos und Sand im Verdauungstrakt. Zwei mutige englische Archäologen verspeisten diesen „Tollund-Brei”. Nachdem sie den unangenehmen Geschmack mit dänischem Cognac neutralisiert hatten, kommentierte einer von ihnen, der exzentrische Keltenforscher Mortimer Wheeler: „Bei dieser Kost wäre es kein Wunder, wenn er Selbstmord begangen hätte.” Ob durch eigene oder fremde Hand – der Tollund-Mann wurde erhängt. Er hatte einen dicken Strick um den Hals, ebenso wie das Mädchen von Yde, bei der zudem der halbe Schädel kahl rasiert war, wohingegen man dem Roten Franz die Kehle durchgeschnitten hatte. Bei so vielen Spuren von Gewaltanwendung glaubten Wissenschaftler und Öffentlichkeit bis vor kurzem den Berichten des römischen Dichters Tacitus: „ Verräter und Überläufer hängen die Germanen an Bäumen auf; Feiglinge, Kriegsscheue und Schandkerle ertränkt man in Moor und Sumpf.” Doch van der Sanden warnt: Tacitus war kein nüchterner Ethnologe, sondern Vertreter einer Eroberungsmacht. Eine andere Deutung der Moorleichen sieht in dem Ritual eher die Angst vor Wiedergängern, also vor Toten, die keine Ruhe im Jenseits finden – viele Moorleichen wurden am Grund mit Hölzern festgepflockt. In den letzten Jahren hat sich jedoch in der Wissenschaftler-Welt die Opfertheorie durchgesetzt. Van der Sanden: „Viele der separaten Moorleichen müssen als Menschenopfer interpretiert werden. Die Moore sind Plätze, an denen man versuchte, Kontakt mit dem Übernatürlichen aufzunehmen, und mit der Übergabe kostbarer Opfer wurde dieser Kontakt besiegelt.” Aber auch ganz irdisch spielte das Moor im Leben der Germanen eine ausschlaggebende Rolle: Nachdem Arminius den Römer Varus und seine Kohorten im Jahre 9 n.Chr. in Kalkriese vernichtend geschlagen hatte, startete der Feldherr Germanicus im Sommer 16 n.Chr. eine Strafexpedition. Zunächst besiegte er die Barbaren nahe der Porta Westfalica. Darauf entzogen sich die Germanen jeder weiteren direkten Konfrontation. Die römischen Legionen irrten durch die Wälder Hessens und versanken in den Mooren von Niedersachsen. Im Herbst zogen sie sich endgültig zurück aus dem „ Land der widrigen Sümpfe” – wie es Tacitus formulierte. Germanien wurde nicht römisch.

Kompakt

Große Moore gibt es nur in Nordeuropa. Die verlandeten Eiszeitseen waren für ihre Anwohner offenbar ein Kontaktort zum Jenseits. Geopfert wurde dort reichlich – auch Menschen. Umlernen nach der Eiszeit Grosse Moore bildeten sich auf einem breiten Landschaftsgürtel, der von Schottland über Irland, die nordöstlichen Niederlande, Niedersachsen, Südschweden bis ins Baltikum reichte. Denn nur dort entstanden am Ende der letzten Eiszeit vor rund 15000 Jahren mit dem langsamen Ansteigen der Temperaturen ausgedehnte Feuchtgebiete. Die großen Gletscher, die auf Nordeuropa lasteten, tauten ab und ließen flache Mulden zurück, die sich mit Schmelzwasser füllten. Aus ihnen bildeten sich im Laufe der Jahrtausende die Moore. Ab 8000 v.Chr. wurde es abermals deutlich wärmer. In Mitteleuropa verdrängten flächendeckende Wälder die einstigen Tundren und Kältesteppen. Im Norden ermöglichten die locker bewaldeten Seenlandschaften – ähnlich der heutigen Finnischen und Mecklenburgischen Seenplatte – den Steinzeitmenschen noch viele Jahrhunderte eine halbnomadische Lebensweise. Die ältesten Moorfunde zeigen, wie sie sich den feuchteren Verhältnissen angepasst hatten.

Wolfgang Korn

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Kie|men|fuß  〈m. 1u; Zool.〉 auf blassgelbem Grund lebhaft bunt gezeichneter Krebs aus der Klasse der Kiemenfußkrebse: Branchipus stagnalis

Bron|chi|al|kar|zi|nom  〈[–çi–] n. 11; Med.〉 von der Schleimhaut der Bronchien ausgehender Krebs

ach|sel|stän|dig  〈[–ks–] Adj.; Bot.〉 in der Blattachsel stehend

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