natur: Wie kam es zu diesem Bild?
Dujmovits: Das war am 19. Mai am Mount Everest. Eine Menschenschlange von 600 Bergsteigern, wenn man sie so nennen will. Das Bild ist auf 7900 Metern entstanden. Es zeigt für mich deutlich, dass die Demut vor dem Berg und der Natur verloren gegangen ist. Besser war das Wetter eigentlich am Tag zuvor, aber da hatten die Sherpas noch keine Fixseile angebracht. Traurig, dass die technische Erleichterung am Berg wichtiger ist für die Leute als das Wetter. Ich wollte selbst auf einer anderen Route aufsteigen, fühlte mich aber nicht gut und kehrte um. Dabei entstand dieses Foto.
Was dachten Sie in dem Moment?
Dass nicht alle lebend runterkommen werden. Es gibt enge Passagen auf der Strecke. Wenn es sich da staut, reicht den Leuten der mitgebrachte Sauerstoff nicht mehr. An diesem Tag sind vier Leute umgekommen, und das Krankenhaus in Kathmandu war später voll von Verletzten mit Erfrierungen.
Wieso machen die Leute das?
Der Everest gilt als Aushängeschild des Höhenbergsteigens, als Statussysmbol. Ich engagiere mich mit meiner Partnerin Gerlinde Kaltenbrunner dafür, dass die nepalesische Regierung nur noch hinauflässt, wer schon einen anderen 8000er vorweisen kann. Allerdings ist Nepal nun mal auf die Leute angwiesen: Jeder Bergsteiger bringt 10 000 Dollar an Gebühren.
Welche Folgen hat dieser Massentourismus für die Umwelt?
Es sieht schon lange nicht mehr so schlimm aus am Everest wie in den 70ern, auch wenn diese Bilder immer noch durch die Medien geistern. Nepal achtet inzwischen sehr darauf, dass kein Müll zurückbleibt. Es wird genau verzeichnet, wer wie viel an Ausrüstung und Proviant mit hoch nimmt, und später wieder geprüft, ob alles wieder unten ankommt. Und die Sherpas würden nie eine leere Sauerstoffflasche oben liegen lassen, das ist bares Geld.
Fotos: Ralf Dujmovits