Die Großen Anakondas provozieren Mythen. Sie sind eindeutig die längsten und massigsten Schlangen auf der Erde. Je nach Region können sie über 6 Meter lang, 30 Zentimeter dick und 100 Kilogramm schwer werden. Doch das reicht manchen Menschen nicht. Immer wieder tauchen Berichte von über 10 Meter langen und 500 Kilogramm schweren Tieren auf. Die Anakonda-Forscher Lutz Dirksen und Jesus Rivas sind diesen Gerüchten nachgegangen. Dabei haben sie erstaunliche Phänomene in der menschlichen Wahrnehmung entdeckt. Rivas: „Schlangen wachsen besonders im Kopf. Je mehr Angst jemand hat, umso größer ist die Anakonda. Aber auch bei ernsthaften Messungen hängt die Größe stark von der Methode ab.“ Riesenschlangen sind sehr dehnfähig. Wenn man sie lang ausstreckt und auf ihnen herumdrückt, werden sie länger. „Das sagt natürlich nichts darüber aus, wie groß sie in der Natur sind“, sagt Rivas. Er hat über 1000 Anakondas in Venezuela vermessen. Die größte in dieser Region war 5,50 Meter lang. Als ein Team der National Geographic Society kam, fand deren Biologe erstaunlicherweise auf Anhieb eine 5,50 Meter lange Anakonda. Rivas ließ sie sich zeigen und maß nach: Sie war 4,20 Meter lang.
Auch Häute sind kein Beleg. „Sie können ohne Weiteres um mehr als ein Viertel gedehnt werden“, sagt Dirksen. Die größte eingesalzene und nicht gestreckte Haut ist von 1935 und stammt vom Rio Paraguay. Das Tier muss knapp 9 Meter lang gewesen sein. Selbst Wissenschaftler verschätzen sich leicht in der Länge. „Ich habe das in einem Naturkundemuseum in Paraguay erlebt“, berichtet Dirksen. „Sie behaupteten dort, eine 10 Meter lange Anakondahaut zu besitzen. Entrollt war sie dann 6,50 Meter lang.“