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Edel-Steine am Toten Meer

Allgemein

Edel-Steine am Toten Meer
Städte und Tempel im antiken Jordanien. Die Enkel von Adam und Eva zogen hier durch, später kamen nahezu alle Kulturvölker und Eroberer. Ob Steinzeitler oder Kreuzritter, Hellenen oder Omayyaden – in der Region am Jordan hinterließen sie alle ihr steinernen Spuren. Das moderne Jordanien pflegt sein kulturelles Erbe.

Der Wagen streikt, die begleitenden jordanischen Soldaten bieten Plätze in ihrem fensterlosen Panzerwagen an. Aber bei über 40 Grad Celsius und hoher Luftfeuchtigkeit verzichtet man dankend und läßt sich lieber auf der Ladefläche des zweiten Pickup bei einer Illusion von Luftzug durchschütteln.

Das Ziel ist enttäuschend: Grünlich und träge schwappt der Jordan durch das Schilf, knapp fünf Meter gegenüber, am anderen Ufer, ist von Israel besetztes Palästina, rundum Wüstenei. Bis zum Friedensschluß 1994 belauerten sich hier die Militärs. Auch heute bleibt man besser auf der Piste: Minengefahr.

Sich zu verirren, ist die zweite Gefahr in dieser Mondlandschaft am Schicksalsfluß der Region, die über Jahrtausende Geschichte machte und erlebte. Mittendrin sucht Dr. Mohammad Waheeb nach Orientierung in verschiedenen Grabungsarealen. So sieht der jordanische Archäologe in den Dünen auf Flußhöhe zum Beispiel die archäologischen Überbleibsel einer byzantinischen Kirche. Es ist schwierig, seinen forscherischen Enthusiasmus zu teilen.

Auf der breiten Flußterrasse 100 Meter oberhalb des Jordantals ist die Grabungssituation sehr viel konkreter: Hier wird gerade auf antiken Fundamenten aufgemauert – ein Bad oder Taufbecken in einem großen Gebäude aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. soll wiederhergerichtet werden. Mohammad Waheeb hat im Wadi Kharrar, kurz vor der Einmündung des Jordans ins Tote Meer, 20 archäologische Fundstellen ausfindig gemacht. Sie verdichten sich für ihn zu einem Stück des christlichen Pilgerwegs von Jerusalem über den Jordan zum Mount Nebo. Vom Berg Nebo schaute Moses nach den langen Wanderungen durch die Wüsten, laut Bibel, das Verheißene Land – für Juden wie Christen ein Ort hoher Symbolik.

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Auch in Dr. Waheebs Hauptgrabung „Bethanien jenseits des Jordans“ schwingt die biblische Berichterstattung mit: Der Ausgräber der jordanischen Antikenverwaltung deklariert sie als den Ort, an dem Johannes der Täufer wirkte und vielleicht sogar Jesus getauft hat. Nirgends stehe geschrieben, so Waheeb, daß Johannes „im“ Jordan taufte, wahrscheinlicher sei die „Region Jordan“ gemeint. Denn schließlich sei auch die Rede davon, daß hier der Prophet Elijah in einem Feuersturm gen Himmel fuhr. Hat die Bibel recht?

Viele archäologische Arbeiten in Jordanien kreisen um diese Frage, wobei mit unterschiedlicher Heftigkeit das Alte und Neue Testament als „Bibel“ oder als mythenbeladenes Geschichtswerk genommen werden. Dr. Hans- Dieter Bienert, Leiter des Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes (DEI): „Das Alte und das Neue Testament führen uns in die Eisenzeit dieser Region hinein, aber archäologisch leider nicht hindurch. So können die biblischen Geschichten nur allzuleicht politisch mißbraucht werden.“

Mit der „biblischen“, also eisenzeitlichen Periode aber ist nur ein kleiner Teil der historischen und prähistorischen Entwicklung Jordaniens erfaßt. Bienert, sein amerikanischer Kollege Prof. Garry Rollefsen und der jordanische Archäologie-Professor Zeidan Kalafi haben in den letzten Jahren bei Amman Funde zutage gefördert, die eine steinzeitliche Hochkultur zwischen Jordan und Wüste vor 9000 Jahren belegen (bild der wissenschaft 4/1994, „Aufstieg und Fall der Stadt Ain OGhazal“). Hier hatten offensichtlich bereits seßhafte Neolithiker eine Großsiedlung städtischen Zuschnitts errichtet. Das setzt eine sozial gegliederte und arbeitsteilige Gesellschaft voraus – zu einer Zeit, als sich in Mesopotamien in Sachen Zivilisation noch wenig tat. Diese frühe Urbanisierung ist auch andernorts in Jordanien zu finden, etwa bei Petra. Ende des 6. Jahrtausends v. Chr. bricht sie aus ungeklärten Gründen und ohne kulturelle Fortsetzung ab.

Deshalb ist auch der amerikanische Archäologe Stan LaBianca irritiert. Er beackert bei Madaba südlich von Amman den Tell El Hisban, einen von drei Siedlungshügeln auf der Pilgerstraße zum Berg Nebo. In den Grabungsschichten findet er viele jungsteinzeitliche, ja sogar paläolithische Menschenspuren. Aus den nachfolgenden Jahrtausenden der Bronzezeit kann er jedoch kaum etwas vorweisen.

Ab der Eisenzeit, also etwa ab 1100 v. Chr., wird der Archäologe massig fündig. Ab dieser biblischen Zeit waren Hügel und Umland wieder lebhaft bewohnt. Ein großer Graben an der Südflanke wird als Verteidigungsanlage gedeutet – oder war es ein Wasserreservoir? Die Römer legten später im Untergrund der Siedlung großvolumige Zisternen an. Versorgung und Verteidigung von seßhaften oder pilgernden Menschen waren hier unabdingbar, denn El Hisban ist Teil der uralten „Königstraße“. „Seit der Steinzeit“, resümiert Bienert, „wurden auf dieser Route Waren und Ideen von Anatolien nach Südarabien und umgekehrt transportiert, in elend langen und gefährlichen Karawanenzügen.“

Die Wasserstellen bestimmten die Tagestouren, später boten die Festungen Schutz vor Überfällen der Beduinen aus den östlichen Wüsten – zu allen Zeiten: Die Römer zogen hier einen Limes, die Kreuzritter verschanzten sich in gewaltigen Burgen, die europäischen Imperialisten des letzten Jahrhunderts begrenzten hier ihre Einflußzone nach Osten.

Die Auswirkungen der unterschiedlichsten Kulturen werden in fast jeder archäologischen Stätte Jordaniens greifbar: Unter einer eisenzeitlichen Siedlung finden sich oft steinzeitliche Spuren, das hellenistische Mauerwerk wird von römischen Gebäuden überwölbt, in die byzantinische Basilika bauten die Osmanen eine Moschee. Das macht die Arbeit der Ausgräber nicht gerade einfach. Vielfach bleibt zunächst nur ein achselzuckendes „That’s mysterious!“, wie es dem amerikanischen Archäologen Harold Meir mehrfach über die Lippen kommt, als er über und durch seine staubige Ausgrabung in Abila im Norden Jordaniens führt.

Es ist alles da, was ein Archäologenherz begehrt: eine Quelle, ein Kanalsystem, eine großartig mit Basaltbrokken gepflasterte Straße, römische Gräber mit Fresken wie in Ägypten, jede Menge Architekturteile, ein voluminöser Hügel, der viel verspricht. Oben wurde gerade eine abwärts führende Wasserleitung gefunden. Nachdem am Fuß des Hügels bestens erhaltene Gemäuer auftauchten, geht der wissenschaftliche Streit los: Theater oder Hangbefestigung? Hellenistisch, römisch oder byzantinisch? Auf alle Fälle „mysterious“ – man wird den Hang abgraben müssen.

Und über allem liegen der Staub und die Hitze einer öden Hügellandschaft im Hochsommer. Wer keine erstklassige Thermosflasche dabei hat, schlürft Warmwasser – und ist selbst darüber noch froh. Da wird schnell klar, daß Wasser seit jeher die lebensbestimmende Kraft in diesem Landstrich ist.

Was trieb die Menschen immer wieder in diese Einöde? Abila gehörte einst zum „Dekapolis“ genannten Bund aus zehn (zeitweilig auch mehr) Städten, die von 62 v. Chr. bis etwa 200 n. Chr. loyal zum römischen Herrscher, aber in ausgeprägter Selbstverwaltung im Jordanland existierten. Neben Abila gehörten zur Dekapolis so bedeutende Orte wie Damaskus, Gadara, Pella, Philadelphia und Gerasa.

Gerasa, das heutige Jerash, ist „touristisch voll erschlossen“ und der Cola-Kühlautomat neben der antiken Säule ist gewöhnungsbedürftig. Auch die violette Plastikbestuhlung neben dem Zeus-Tempel und die Hi-Fi-Anlage im Proszenium des Theaters für die regelmäßigen Kultur-Festivals sind nicht jedermanns Geschmack. Aber: Was hier – bei nur geringem Einsatz von Phantasie – an römischer Baukunst, Prunk, Savoire-vivre und einstiger Lebendigkeit anklingt, ist den Ein-Stunden-Trip von Amman allemal wert.

„Gerasa ist der fortgeschrittene Teil des jordanischen Versuchs, seine einzige Ressource zum Sprudeln zu bringen: den Tourismus, das Öl des Landes“, sagt Hans-Dieter Bienert. Es ist hauptsächlich Kultur-Tourismus, denn baden kann man bestenfalls in Aqaba. Dementsprechend werden die archäologischen Arbeiten von Staats wegen forciert. Prof. Ricardo Eichmann, Leiter der Orientabteilung des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) in Berlin, bezeichnet die Zusammenarbeit mit den Kollegen der jordanischen Universitäten und den Behörden als erfreulich.

Mehrere gemeinsame Projekte sollen das Puzzle namens Vergangenheit zu einem Gesamtbild werden lassen. Auch Archäologen anderer Nationen wühlen fleißig in Jordaniens Boden. Deshalb wird der geschichtssatte Landstrich zwischen Jordan und Wüste, der geprägt ist durch den Kontakt mit allen Kulturen des Orients während der Jahrtausende, dem kulturhistorisch interessierten Besucher in Zukunft ständig Neues zu bieten haben.

Gadara zum Beispiel: Das heutige Umm Qeis im nördlichsten Grenzzipfel zu Israel ist seit 25 Jahren fest in deutscher Ausgrabungshand. Die späthellenistisch-römischen Anlagen unter dem osmanischen Dorf sind zum Großteil mit oder von Mitarbeitern des DEI in Amman ausgegraben worden. Auch die mannshohen Wasserkanäle, die in zwei Etagen unter der Akropolis verlaufen, wurden von DEI-Wissenschaftlern durchforscht. Ebenso sind der späthellenistische Tempel, die römische Stadtmauer, das griechische Theater, Triumphbogen, Kolonnaden-Geschäfte und – ganz neu – die Überreste einer fünfschiffigen Basilika durch DEI-Aktivitäten ansichtig geworden. Aktuell will Nadine Riedl vom Ammaner Institut zusammen mit der Orientabteilung des DAI herausfinden, wie das Umland der Akropolis aussah und wie die Wüste in alter Zeit genutzt wurde.

Imposant verspricht die römische Prachtstraße von Gadara zu werden – wenn sie denn ausgegraben und ihre Bestandteile aufgerichtet sind. Noch liegt sie auf 1,5 Kilometer Länge weitgehend im Erdreich versteckt, einige Querschnitte aber zeigen feingefügtes Pflaster und umgestürzte Säulen knapp unter der Oberfläche von Umm Qeis.

In Petra dagegen ist alles Fassade. Die spektakuläre aus dem Fels gehauene Stadt im Süden ist das Juwel der archäologisch-touristischen Bemühungen. Dabei stellt der heute „ausgestellte“ Teil nur etwa ein Prozent der antiken Stadt dar. Die Hauptstadt der Nabatäer bietet ebenso reichlich Stoff für Fragen wie das vermutlich arabische Volk selbst, das von hier den Südhandel kontrollierte und damit mächtig wurde. Woher die Nabatäer kamen, ist noch nicht geklärt. Über rund sechs Jahrhunderte sind sie nachweisbar, im 4. Jahrhundert n. Chr. verliert sich ihre Spur. Sie haben keine erhellenden schriftlichen Zeugnisse von sich hinterlassen – nur ihre phantastischen Haus-, Palast- und Grabfassaden in den vielfarbigen Sandsteinwänden des Wadi Musa. An ihren Verstorbenen hatten die Nabatäer erkennbar Interesse, „die Stadt deshalb jedoch als Totenstadt zu bezeichnen, greift zu kurz“, meint Bienert.

Das ebenfalls aus dem Felshang gehauene Theater, öffentliche Gebäude, Bäder und Springbrunnen sprechen für eine lebendige Stadt, rund 30000 Menschen sollen hier in der Blütezeit gewohnt haben. Da müssen Wohnanlagen zu finden sein, auch wenn die beduinischen Siedler vielleicht Zelte oder zeltähnliche Behausungen vorzogen. Die Archäologen verfolgen zur Zeit die ersten Spuren.

Die große Prachtstraße Petras hat eindeutig städtischen Charakter. Sie bekommt jetzt allmählich wieder Gesicht und zeugt von herrschaftlicher Machtdarstellung. Das einzige aufrecht stehende Gebäude im Talkessel ist das „Haus der Tochter des Pharao“, ein Phantasiename wie die meisten anderen in Petra. Es war sicher keine Totenherberge, sondern ein Kultbau. Und der daneben liegende „Große Tempel“ mutiert unter amerikanischen Ausgräberhänden gerade vom religiösen Bauwerk zum Verwaltungszentrum oder Gericht.

Aber: Nutzten es die Nabatäer? Gingen hier die Römer ein und aus? Derlei Feinabgrenzungen bleiben in Petra Fragen künftiger Forschung. Im Gegensatz zum umfirmierten Großen Tempel, sind die zunächst unscheinbaren Wassersysteme des Tales eindeutig nabatäisch. Schon beim Gang durch die enge Felsschlucht des Sik fallen in den Bergwänden durchgehende künstliche Rinnen auf, die vor 2000 Jahren zur Wasserversorgung der Region in den Fels gemeißelt wurden. Im Talkessel selbst kann man die Leitungen in rund 15 Meter Höhe an den Felswänden entlanglaufen sehen: In Tonröhren, notfalls mit kleinen gemauerten Aquädukten über Felsspalten geführt, transportierten sie das kostbare Naß.

Die tödliche Gewalt plötzlich hereinbrechender Wassermassen war das zweite Problem der Kesselsiedlung. Die nabatäischen Stadtbaumeister hatten die Gefahr durch einen Damm gebannt, der die Urgewalt in ein Nebental kanalisierte und durch einen künstlichen, 5 Meter hohen und 20 Meter langen Felstunnel ableitete.

Schon 7000 Jahre zuvor hatten Menschen in den Petra-Bergen gesiedelt. Dr. Hans-Dieter Bienert, Chef des Ammaner Instituts, und Hans Georg Gebel von der FU Berlin gruben 1997 in al BaOja eine steinzeitliche, planvoll wie Ain OGhazal angelegte Siedlung aus, die vor allem eine Frage provoziert: Warum hier? Sie ist nur mit fast bergsteigerischem Können zu erreichen, liegt auf einem abschüssigen Plateau und ist Wind und vor allem der Sonne schutzlos ausgesetzt – ein Unort. Die Archäologen fanden hier neben beachtlichen Architekturresten die verschiedenen Stufen einer Steinring-Produktion. Nur: In al BaOja wurden weit mehr dieser Arm- und Fingerreife hergestellt, als die lokale Bevölkerung jemals benötigte – eine zentrale Schmuckmanufaktur der Steinzeit? Jede archäologische Pretiose dieser Art, und es gibt viel davon in Jordanien, ist eine Spur des Menschen über Jahrtausende mit all seinen Siegen, Fertigkeiten, Innovationen und seinem Versagen, den Rückschritten und Verlusten. Die Genealogie Jordaniens ist lang: Angefangen hat hier alles mit Adams und Evas Töchtern und Söhnen, die aus Afrika kommend durch das Jordantal nach Norden zogen, um die Welt zu erobern.

Die Geschichte

Paläolithikum 9. Jahrtausend: Steinwerkzeuge

Mesolithikum 8. Jahrtausend: Sichel, Mörser, Stößel, Schaf- und Ziegenhaltung 7. Jahrtausend: Großdörfer wie Ain ‚Ghazal, Arbeitsteilung, Ahnenkult mit modellierten Schädeln 5./4. Jahrtausend: Schutzmauern, Kupferbeile, Dattel- und Olivenkerne

Frühe Bronzezeit 3200 bis 2100 v. Chr.: Völker unbekannter Herkunft ziehen nach Jordanien/Palästina

Mittelbronzezeit 1900 bis 1500 v. Chr.: Regional befestigte Stadtsiedlungen, sonst weitgehend Nomadentum, über die Hyksos enge Beziehungen zu Ägypten

Spätbronzezeit 1500 bis 1200 v. Chr.: Dominierender ägyptischer und hethitischer Einfluß, Handel offenbar auch mit Zypern und Griechenland (Mykene)

Eisenzeit 1200 bis 900 v. Chr.: Biblische Zeit, jüdische Wanderung, Kleinreiche: Edomiter, Moabiter, Ammoniter ab 900 v. Chr.: Wenig Text- oder Denkmalzeugnisse, Jordanien als Randgebiet zwischen den Weltmächten Ägypten, Persien, Syrien

Hellenismus 330 bis 62 v. Chr.: Hellenistische Kulturprägung. Wechselnder Einfluß der Ptolemäer, Seleukiden, religiöser Einfluß des Judentums 312 v. Chr.: Erste Erwähnung der Nabatäer 63 v. Chr. bis 636 n. Chr: Römer und Byzantiner 636 bis 750 n. Chr.: Araber und Omayyaden, früher Islam 750 bis 1291 n. Chr.: Abbassiden und Kreuzfahrer 1250 bis 1918: Mamluken und Osmanen 1946: Transjordanien wird unabhängiges Königreich seit 1953: König Hussein

Die frühen Auswanderer

Die Landbrücke zwischen Afrika und Eurasien – an der Nahtstelle der heutigen Staaten Jordanien, Israel und Ägypten – wurde schon im Morgengrauen der Menschheitsgeschichte überquert.

Die Entwicklung der Hominiden (der „Menschenartigen“) begann vor zirka sechs Millionen Jahren in Afrika. Von dort aus gab es mindestens drei große Wanderwellen in Richtung Eurasien: die erste vor rund zwei Millionen Jahren, eine weitere vor 800000 Jahren, die dritte vor etwa 100000 Jahren. Bei der letzten erschien der anatomisch moderne Homo sapiens sapiens, von dem alle heutigen Menschen abstammen, außerhalb des Schwarzen Kontinents auf der Weltbühne.

Als wahrscheinlicher Wanderweg gilt das Tausende von Kilometern lange afrikanische Rift: ein Grabenbruch, der sich vom heutigen Malawi und Tansania in Südostafrika bis nach Äthiopien zieht, im Roten Meer weiterläuft und an der Sinai-Halbinsel ins Wadi Araba mündet. Das Tote Meer und das Jordantal bilden das Nordende. Im Rift sammelt sich Wasser von den gebirgigen Rändern zu Flußläufen und Seen. Wo Wasser ist, grünt Vegetation und tummelt sich Wild – da fiel auch für die kleinen Gruppen der Hominiden etwas zu essen ab. Paläontologe Dr. Friedemann Schrenk vom Hessischen Landesmuseum in Darmstadt vermutet: „Die Jagd war möglicherweise eine wichtige Triebkraft, um in entfernteren Gebieten nach Beute zu suchen und so den Lebensbereich langsam auszudehnen.“

Klimatische Umschwünge veränderten immer wieder die saisonalen Wanderrouten der Vierbeiner. Wenn sie sich großräumig aus einer Region zurückzogen, folgten ihnen auch die Kleingruppen der Zweibeiner, die von ihnen lebten – bis an die Grenzen des Kontinents. Das uralte Durchgangsland an Wadi Araba und Jordantal wurde für die Afrikaner das Tor in die neue Welt.

Michael Zick

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Ka|ta|pho|re|se  〈f. 19; El.〉 Ladungstrennung, die bei der Berührung eines festen Nichtleiters u. einer nichtleitenden Flüssigkeit auftritt

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