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Erd-Kunst

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Erd-Kunst
Geotope – Meisterwerke der Erdgeschichte. Nach jahrzehntelangem Ringen ist es jetzt gelungen, den Schutz geologisch einzigartiger Landschaften und Fundstätten bundesweit zu sichern.

Fast wäre es zu spät gewesen. Die Müllwagen standen schon bereit, als vor ein paar Jahren die Naturschützer Alarm schlugen: Die weltberühmte Fossilien-Grube Messel bei Darmstadt sollte dem Land Hessen aus dem Müllnotstand helfen. 49 Millionen Jahre alte, im Ölschiefer einzigartig gut erhaltene Tier- und Pflanzenreste wären unter Abfall verschwunden. Nur durch internationalen Protest wurde Messel gerettet.

Seit Dezember 1995 darf sich die Grube mit dem klangvollen Titel “Welterbe der Menschheit” schmücken. Damit ist die Fundstätte das erste geologische Naturdenkmal Deutschlands, das dieses internationale Schutz- und Gütesiegel von der UNESCO verliehen bekam. Deutschland hat sich verpflichtet, die Grube dauerhaft zu sichern und der Öffentlichkeit zumindest zum Teil zugänglich zu machen.

Als “Welterbe” geschützt sind bislang 102 Naturdenkmäler, darunter der Yellowstone Nationalpark im Westen der Vereinigten Staaten und das Große Barriere Riff vor Australien. Messel ist weltweit das erste Naturdenkmal, das ausschließlich seiner Fossilien wegen die Auszeichnung bekam.

Deutschland ist reich an erdgeschichtlichen Natur-schätzen – darunter Saurierfährten, fossile Riffe, Vulkan-schlote und Tropfsteinhöhlen. Doch nur besonders spektakuläre Stätten – wie der Meteoriten-Krater Nördlinger Ries oder die Kliffküste von Rügen – stehen unter Schutz: Sie dürfen nicht durch Straßenbau, Steinbrüche oder dergleichen zerstört werden.

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Daß seltene Pflanzen- und Tierarten mitsamt ihrem Lebensraum kostbar sind, hat sich inzwischen im Bewußtsein der Bevölkerung verankert. Für Steine und Fossilien kann sich dagegen kaum jemand erwärmen. Deshalb werden erdgeschichtliche Naturdenkmäler, die über Jahrmillionen entstanden sind, mitunter in weniger als einer Generation vernichtet. So wurde eine Karstspalte beim hessischen Korbach, die fossile Knochen von ersten säugetierähnlichen Reptilien enthält, achtlos mit Müll verfüllt.

Um dem Frevel an der Natur ein Ende zu machen, begannen in den achtziger Jahren engagierte Mitarbeiter von Geologischen Landesämtern, die schutzwürdigen Objekte bundesweit zu erfassen. Mittlerweile sind über 12000 davon katalogisiert. Die Bestandsaufnahme ergab: Sogar von den “herausragenden geologischen Naturdenkmälern” stehen in Hessen und Oberbayern nur etwa die Hälfte unter Schutz. Die übrigen dürfen ungestraft unter Asphalt oder Müll begraben werden. Viele der Raritäten sind denn auch in den letzten Jahrzehnten unwiederbringlich zerstört worden.

Häufig werden sogar Mineralien- und Fossiliensammler zu Totengräbern: Auf der Suche nach steinernen Kostbarkeiten tragen sie in kürzester Zeit meterdicke Gesteinspakete ab. In der Grube Messel half nicht einmal ein hoher Zaun und Wachpersonal, und die Fossilien-Felder von Geest in der Eifel gleichen durch schonungslose Grabungen einem militärischen Manövergebiet.

1992 machte sich eine Gruppe von Geowissenschaftlern im Bundesverband Deutscher Geologen dafür stark, die “geologische Vielfalt” in Deutschland zu erhalten. Diesmal wollten sie Nägel mit Köpfen machen – und dafür sorgen, daß die geologischen Schätze endlich wirksam geschützt werden.

Die Forscher prägten den Begriff “Geotop” für ein von seiner Umgebung abgrenzbares erdgeschichtliches Gebilde der unbelebten Natur, das aufgrund seiner Seltenheit, seines Fossilgehalts, seiner Vielfalt, Eigenartigkeit oder Schönheit von herausragendem Wert ist. Das Bundesministerium für Umwelt unterstützte das Projekt mit 77000 Mark.

Wie die Meisterwerke der Erdgeschichte auf den vorigen Seiten zeigen, sind Geotope so vielfältig wie die Erde selbst:

Manche sind bizarre Sedimentgebilde, geprägt von Wind und Wetter, Flut (wie die Lange Anna auf Helgoland), Flüssen oder einstigen Gletschern (wie die Kreidefelsen von Rügen).

Andere besitzen einmalige Fossilien (wie die Grube Messel bei Darmstadt).

Einige beherbergen eine Fülle von Mineralien (wie die Grube Samson in Sankt Andreasberg/ Harz) oder Mineralien von besonderer Größe (wie die Steinsalz-Kristallgrotte von Merkers).

Teilweise sind sie besondere vulkanische Relikte (Kaiserstuhl und Maare in der Eifel).

Auch Verwitterungsreste (Elbsandsteingebirge), Seen (Steinhuder Meer) und Moore (im Spreewald bei Cottbus), Meteoritenkrater (Nördlinger Ries) und Quellen (Blautopf bei Blaubeuren) können außergewöhnlich sein.

Die Geologen kamen bei ihrer Inventur teils zu anderen Ergebnissen als die einzelnen Bundesländer, die bislang nach Gutdünken verfahren durften. Denn was in einer Region als alltäglich gilt, kann bundesweit zu den Raritäten zählen. Während Oberbayern und Baden-Württemberg zum Beispiel zahlreiche Wasserfälle besitzen, haben die nördlichen Bundesländer ein solches Naturschauspiel nur höchst selten zu bieten.

Damit endlich in ganz Deutschland die gleichen Maßstäbe gelten, gibt es seit dem letzten Sommer eine offizielle Richtlinie: Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover und das Bundesamt für Naturschutz in Bonn haben die “Arbeitsanleitung Geotopschutz in Deutschland” für alle Geologischen Ämter und Naturschutzbehörden verbind-lich gemacht. Ziel ist “eine bundesweit einheitliche Erfassung, Unterschutzstellung und Pflege von erhaltungswürdigen Geotopen”.

Doch Geotop-Schutz ist teuer. Den Vulkanpark um den Laacher See zum Beispiel hat sich Rheinland-Pfalz 1996 rund 2,5 Millionen Mark kosten lassen. Eine willkommene Geldquelle ist dabei natürlich der Tourismus.

Unsere österreichischen Nachbarn waren besonders geschickt bei der Finanzierung: Für das aufwendige Konzept des Geo-Parks Wendelstein mit einer “Geologie zum Anfassen” für Touristen konnte die geologische Bundesanstalt in Wien die private Wendelsteinbahn und eine örtliche Brauerei als Sponsoren gewinnen. Neben extra eingerichteten Wegen und Tafeln gibt es auch spezielle Verkehrskonzepte, die sichern, daß der Park nicht von Touristen überschwemmt wird.

Verbündete hoffen die Geotop-Schützer unter den Biologen zu finden. Schließlich sind viele Fundstätten von einzigartigem Gestein zugleich auch artenreiche Biotope.

In England, Frankreich und den USA ziehen Geowissenschaftler und Naturschützer schon lange an einem Strang: Die beiden ältesten Nationalparks der Welt, Yosemite und Yellowstone, wurden 1890 nicht wegen ihres Tierreichtums, sondern vor allem wegen ihrer geologischen Raritäten eingerichtet. Und in Frankreich gibt es inzwischen neun geologische Naturparks.

Infos im Internet Grube Messel http://www.hmwk.hessen.de/messel/index.html sehr gute Information des hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst http://www.darmstadt.gmd.de/Museum/HLMD/index.html Hess. Landesmuseum Darmstadt

Donné Norbert Beyer

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