Kochendes Wasser, konzentrierte Schwefelsäure, 400 Atmosphären Überdruck – für Menschen wäre das tödlich. Doch für manche Organismen sind das die Lebensbedingungen ihres Biotops, in dem sie sich „wohl fühlen“ und vermehren.
Der Biologe Michael Groß stellt diese „Exzentriker des Lebens“ in seinem neuen Buch vor. Informativ und gut verständlich führt er die Leser hinab in 1500 Meter Tiefe, wo im Basalt steinefressende Bakterien hausen – oder noch tiefer: auf den Grund der Ozeane. Sogar mehrere tausend Meter unter der Wasseroberfläche leben in ewiger Dunkelheit und unter enormem Druck eine Fülle von Organismen, darunter Muscheln und Würmer. Mit ausgeklügelten biochemischen Tricks nutzen Bakterien hier Schwefelwasserstoff als Energiequelle. Die Mikroorganismen sind wiederum die Nahrungsgrundlage für das Ökosystem in den Tiefen der Tiefsee.
Vielleicht standen diese Organismen sogar am Anfang des Lebens, denn die Urerde war ein ungemütlicher Platz: Vulkane, giftige Schlämme und kein Sauerstoff. Genetische Vergleiche zeigen: Viele der Extremisten – wie die Archaebakterien – stehen ganz unten im Stammbaum des Lebens an wichtigen Verzweigungspunkten.
Manche Wissenschaftler können sich durchaus vorstellen, daß diese Lebewesen auch andere Planeten erobert haben. Denn einige von ihnen sind beständig genug, um eine Reise durchs All zu überstehen. Ein Vulkanausbruch könnte sie in den Weltraum schleudern, der Sonnenwind sie in die Ferne treiben, bis sie einen – aus ihrer Warte – lebensfreundlichen Planeten gefunden haben.
Michael Groß EXZENTRIKER DES LEBENS Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 1997 302 S., DM 49,80
Thomas Willke