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Flaschen und herzmassagen

Allgemein

Flaschen und herzmassagen
Spektakuläre Maschinen funktionieren nur, weil sie aus vielen, oft unscheinbaren Elementen zusammengesetzt sind. Kunststoffgleitlager sind dafür bestes Beispiel.

Im Sekundentakt fallen die kleinen, hohlen Plastikzylinder aus der Spritzgussmaschine in eine Box. Manche sind schwarz, andere weiß, manche so groß wie ein Tennisball, andere schlanker als eine Kugelschreibermine. Eines ist allen gemeinsam: Spektakulär sehen sie nicht aus. Doch für unzählige Maschinen auf der ganzen Welt sind die Kunststoffgleitlager, die im Kölner Werk der Igus GmbH hergestellt werden, unersetzlich. Der Dortmunder Hersteller von Verpackungs- und Abfüllanlagen KHS ist einer der vielen Kunden von Igus. Bis zu 1000 Kunststoffgleitlager sind in jeder Abfüllanlage verbaut. Sie sorgen dafür, dass sich Metallstangen und -zylinder wie geschmiert in einer Lagerung drehen oder hin- und herbewegen können – etwa der Zylinder, der die leeren PET-Flaschen zum Füllstutzen nach oben hebt. Die Lager müssen chemischen Reinigungsmitteln widerstehen, Temperaturen bis zu 140 Grad Celsius aushalten und über 6000 Stunden Dauerbetrieb unbeschadet überstehen. Und vor allem: Sie müssen ohne zusätzliches Fetten auskommen – also wartungsfrei sein. Diese Anforderungen erfüllen Gleitlager aus Metall nicht. Dazu braucht man speziell präparierten Kunststoff.

„Die Rezepturen für die Kunststoffgleitlager sind das Kapital unserer Firma“, sagt Igus-Produktmanager René Achnitz. Sie sind so geheim, dass sie von dem Unternehmen nicht einmal zum Patent angemeldet werden, weil sie dann offen gelegt und auch für Nachahmer dokumentiert werden müssten. Mehr noch: Kein anderes Unternehmen hat so viele unterschiedliche Gleitlager im Programm wie Igus. Und diese Produkte sind in beliebiger Stückstahl von eins bis in die Tausende innerhalb eines Tages lieferbar.

Kunststoffgleitlager helfen sogar, Leben zu retten – etwa in dem Reanimationsgerät „Animax“, das der Ingenieur und Rote-Kreuz-Helfer Stefan Seßler aus dem schwäbischen Albstadt entwickelt hat. Animax erleichtert die Herz-Lungen- Wiederbelebung. Bisher mussten Rettungshelfer bei einer Herzmassage kräftig zupacken. Die regelmäßigen Druckhübe auf den Brustkorb, die mit bloßen Händen erfolgen, ermüden die Helfer nach wenigen Minuten. Nicht zuletzt deshalb überleben bei außerklinischen Reanimationen nur fünf Prozent der Patienten. Animax soll diese Quote steigern – auch dank der darin enthaltenen 25 Kunststoffgleitlager. Nach einem einfachen Hebeldruck führt das Gerät 30 Hübe auf den Brustkorb und zwei Beatmungen aus – so wie es eine EU-Richtlinie empfiehlt. „Wir haben zuerst metallische Lager mit Gleitschicht ausprobiert“, berichtet Erfinder Seßler, „doch deren Abrieb war zu groß.“ Die Lager aus Kunststoff waren dem Metall überlegen – was beweist, dass Kunststoff eben doch mehr als Plastik ist.

Konstantin Zurawski

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Ohne Titel

Gründung: 15.10.1964

Unternehmensleitung: Frank Blase (Geschäftsführer)

Harald Nehring

Gerhard Baus Mitarbeiter: 1450 Umsatz 2006: 230 Millionen Euro,

weltweit 26 Niederlassungen und 50 Stützpunkte in 21 Ländern Internet: www.igus.de

E-Mail: info@igus.de

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Gleitlager kommen meist dann zum Einsatz, wenn sich eine Stange oder ein Zylinder, im Fachjargon Welle genannt, entweder dreht (radiale Bewegung) oder vor- und zurückschiebt (lineare Bewegung). Die Welle steckt in einem Loch, der Bohrung. Damit sie sich dort möglichst reibungsfrei bewegen kann, ist sie nicht direkt auf dem Material der Bohrung gelagert, sondern in einem Gleitlager. Das ist so beschaffen, dass bei der Bewegung nur wenig Abrieb und Wärme entstehen. Neben Gleitlagern gibt es auch Wälzlager – Kugellager, wie man sie vom Fahrrad oder von Inline-Skates kennt. Für schnelle Bewegungen sind sie zwar besser geeignet als Gleitlager. Aber sie nehmen mehr Platz ein, sind teurer, anfälliger für Schmutz und erlauben keine linearen Bewegungen.

Die Lager von Igus bestehen aus einem Spezial-Polymer sowie einem Verbundmaterial und festen Schmierstoffen. Welche Kunststoffe verwendet werden, verrät das Unternehmen nicht. Die beigemischten Festschmierstoffe sorgen dafür, dass sich die Gleitlager selber schmieren. Das funktioniert so: Nach-dem die Rohmasse gemischt ist, wird sie in einer Spritzgussmaschine gebacken. Dabei schmelzen die Bestandteile der Materialmischung. Es entsteht eine homogene Masse, ähnlich wie bei Kuchenteig. Der Festschmierstoff ist nach dem Backen gleichmäßig im Gleitlager verteilt. Er verschafft dem Gleit- lager einen sehr niedrigen Reibungswert. Reibt in einer Maschine eine Welle auf dem Lager, wirkt das so, als ob sie mit Fett geschmiert wäre.

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Die Geschichte der Igus GmbH begann in einer Doppelgarage im Kölner Vorort Mülheim. Dort fabrizierte das Ehepaar Günter und Margret Blase Zubehör für komplexe technische Kunststoffteile. Erst rund 20 Jahre später begann das Unternehmen – mit Frank Blase, dem Sohn der beiden Firmengründer, an der Spitze –, sich auf die Fertigung eigener Produkte zu konzentrieren: Energieführungssysteme und Kunststoffgleitlager. Die Energieführungssysteme – bewegliche Führungsschienen, in denen beispielsweise Stromkabel verlegt sind – tragen rund 70 Prozent zum Umsatz bei. Die Fertigung von Kunststoffgleitlagern macht den kleineren Teil des Geschäfts aus. Doch sie wird zunehmend wichtiger, da es immer mehr Anwendungen für die Plastikzylinder gibt. Die Ingenieure des Unternehmens entwickeln Jahr für Jahr über 100 neue Kunststoffverbindungen und testen sie in einem eigenen Versuchslabor unter verschiedensten Bedingungen. Für die jährlich rund 8000 Experimente steht den Igus- Ingenieuren auch eine Klimakammer zur Verfügung. Darin lassen sich selbst arktische oder tropische Bedingungen simulieren. Das Geschäft läuft gut: Seit 2002 hat sich der Umsatz verdoppelt. Das Unternehmen stellt ständig neue Mitarbeiter ein.

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