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Globales Blitz-Thermometer

Allgemein

Globales Blitz-Thermometer
Elektromagnetische Wellen, die von Gewittern ausgelöst werden, sollen Veränderungen des Weltklimas anzeigen: Neue Messungen scheinen diese auf den ersten Blick verwegene Theorie zu bestätigen.

Mit Hilfe einer einzigen Meßstation in einem abgelegenen Waldstück auf Rhode Island, USA, versucht der Geophysiker Earle Williams, die Gewitter der Erde zu registrieren. Der Professor vom Massachusetts Institute of Technology will so weltweite Temperaturänderungen und möglicherweise sogar Anzeichen des Treibhauseffektes aufspüren.

Auf die Idee gebracht hat Williams ein Aufenthalt im tropischen Darwin, Australien, vor zehn Jahren. Dort beobachtete er, daß die Blitzhäufigkeit um fast das Tausendfache zunahm, wenn die monatliche Durchschnittstemperatur um nur zwei Grad Celsius anstieg. Ein Vergleich mit anderen tropischen Messungen bestätigte seine Beobachtung: Kleinste Temperaturänderungen haben große Auswirkungen auf die Gewittertätigkeit. Die Blitzhäufigkeit, so folgerte Williams, könnte daher als Meßgröße dienen, um Temperaturschwankungen nachzuweisen.

Natürlich ist es unmöglich, ein erdübergreifendes Netz an Blitz-Beobachtern aufzubauen. Das ist auch nicht nötig, meint Williams, denn jeder Blitz trägt zu einem globalen elektromagnetischen Phänomen bei: der Schumann-Resonanz. So bezeichnen Geophysiker den sehr niederfrequenten Teil der Strahlung, die von Blitzen ausgesandt wird. Diese elektromagnetischen Wellen nutzen die gesamte Atmosphäre als Resonanzkörper. Sie schwingen zwischen Erde und Ionosphäre hin und her und laufen rund um den Globus.

Falls die Schumann-Resonanz empfindlich auf Klimaschwankungen reagiert, könnte sie als globales Thermometer dienen, das statt der Temperatur die Blitzhäufigkeit mißt. Das könnte Meßlücken zum Beispiel in den Tropen schließen, wo es kaum meteorologische Aufzeichnungen gibt. Das Blitzthermometer würde genau diese Regionen der Erde besonders genau erfassen, da dort die meisten Gewitter stattfinden. Nach Williams‘ Überzeugung reicht eine Schumann-Resonanz-Meßstation aus, um alle Blitze der Welt zu registrieren. „In der Praxis brauchen wir aber mehrere Meßstationen, um die Daten vergleichen zu können“, schränkt er ein. Wissenschaftler spüren auch in anderen Teilen der Welt den Blitzwellen nach, zum Beispiel in Alaska, Australien, Ungarn, Israel, Japan und Deutschland.

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Williams hatte schon vor einigen Jahren einen Vergleich von Abweichungen der monatlichen Durchschnittstemperaturen in den Tropen mit Schumann-Resonanz-Messungen veröffentlicht. Dabei hatte er die El Niño-Klimaschwankungen in den elektromagnetischen Spektren wiedergefunden. Nun weisen auch die Ergebnisse anderer Forscher darauf hin, daß die Schumann-Resonanzen tatsächlich weltweite Temperaturänderungen widerspiegeln.

Der deutsche Geophysiker Martin Füllekrug von der Universität Frankfurt am Main untersuchte zehnjährige Aufzeichnungen der von Blitzen ausgehenden niederfrequenten Strahlungen. Sein Ergebnis: Die gemittelten elektromagnetischen Spektren passen zu den jahreszeitlichen Temperaturschwankungen in den Tropen und in mittleren Breiten.

Obwohl Füllekrug Williams‘ Theorie im Prinzip richtig findet, stimmt er keineswegs in allem mit dem Amerikaner überein. Er hält es für nicht erwiesen, daß tatsächlich jeder kleine Blitz weltweit nachweisbar ist. Auch sei es fraglich, ob das Blitzthermometer sensibel genug ist, um die mit dem Treibhauseffekt verbundenen Temperaturerhöhungen festzustellen. „Aber selbst wenn die Schumann-Resonanz nicht taugt, um globale Klimaschwankungen nachzuweisen, sind diese Messungen sehr wichtig“, ist Füllekrug überzeugt. Zum Beispiel könnten sie helfen herauszufinden, wieviel Stickoxid von Blitzen produziert wird.

Carola Hanisch

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