Anton Zeilinger, Lehrstuhlinhaber für Experimentalphysik in Innsbruck, kann sich rühmen, besondere Beziehungen zu einem göttlichen Vertreter zu haben. Unlängst verbrachte er eine Woche beim Dalai Lama in dessen indischem Exil. Im Gegenzug besuchte ihn das Oberhaupt des tibetischen Buddhismus zwei Tage lang im Labor. Wenn ein Religionsführer und ein Physiker zusammenkommen, kann es nur um eines gehen: die letzten Erkenntnisse über das Wesen von Raum und Zeit. Ende 1997 hatte Zeilinger in der britischen Zeitschrift „nature“ ein Experiment veröffentlicht, das diese Fragen neu beleuchtet und weltweit für Aufsehen sorgte: Ihm und seinen Mitarbeitern war erstmals die „Teleportation“ eines Quantenzustandes gelungen – in der Sprache der Enterprise-Generation: das „Beamen“.
„Der Dalai Lama interessierte sich besonders dafür, wie die moderne Quantenphysik die Welt erklärt“, sagte Zeilinger und fügt mit Wiener Charme hinzu: „Aber wir haben beide viel voneinander gelernt. Allein durch Nachdenken sind die Buddhisten an ähnliche Grenzen der Erkenntnis gestoßen wie wir Physiker.“ Wie wirklich sind Gegenstände? Was ist Zeit und was ist Information? Können Ereignisse zusammenhängen, die wir für weit voneinander getrennt halten? „Auf diese Fragen“, so Zeilinger, „haben wir noch keine Antwort und wenn, dann verstehen wir sie nicht.“ Vielleicht könnte die Denkweise der östlichen Philosophen weiterhelfen, mutmaßt der Naturwissenschaftler, der nichts von der Überheblichkeit des westlich geprägten Rationalismus hält.
Anton Zeilinger / Dalai Lama