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„Habemus Hereditatem“

Allgemein

„Habemus Hereditatem“
Das Gütesiegel „Weltkulturerbe“ ist heiß begehrt. Doch es bringt nicht nur Vorteile, sondern auch Verpflichtungen. Welche, erklärt der Limes-Experte Ulrich Pfeifle.

bild der wissenschaft: Der obergermanisch-rätische Limes ist jetzt Teil des Weltkulturerbes. Was hat er davon?

ULRICH PFEIFLE: Die Reste der römischen Grenzanlage werden stärker geschützt. Die Unesco selbst gibt diesbezüglich zwar keine Regeln vor, doch sie wacht darüber, dass die nationalen Gesetze zum Denkmalschutz strikt eingehalten werden. Rekonstruktionen etwa müssen möglichst authentisch sein und bestimmten Standards folgen – nicht, dass zum Schluss eine Art römische Würstelbude am Limes steht. Wenn jemand in der Nähe der Grenzanlage etwas bauen will, muss er gebührenden Abstand halten. Was passiert, wenn gegen die allgemeinen Vorschriften verstoßen wird, sieht man am Beispiel des Kölner Doms, der auch zum Weltkulturerbe zählt. Weil geplante Neubauten die Sicht auf ihn zu versperren drohen, hat die Unesco ihn auf die Rote Liste gesetzt. Das ist eine Verwarnung – schlimmstenfalls kann der Titel „Weltkulturerbe“ auch aberkannt werden.

bdw: Das Gütesiegel schafft Verpflichtungen, bringt aber gleichzeitig viele Vorteile. Stellt die Unesco Gelder für den Schutz zur Verfügung?

PFEIFLE: Nein, von der Unesco selbst gibt es in der Regel keine finanzielle Unterstützung. Aber die Länder und Kommunen erklären sich jetzt natürlich viel eher bereit, Gelder für die Erhaltung, Erforschung und touristische Nutzung locker zu machen. In Aalen beispielsweise wird das Limesmuseum derzeit für 1,5 Millionen Euro erweitert – eine Million stellt das Land Baden-Württemberg zur Verfügung, eine halbe Million die Stadt Aalen. Und die Auszeichnung lockt natürlich viele Touristen an.

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bdw: Weltweit gehören mittlerweile 812 Stätten zum Welterbe, in Deutschland sind es jetzt 31. Welche Kriterien müssen erfüllt werden, um in die illustre Liste aufgenommen zu werden?

PFEIFLE: Das Objekt muss von herausragendem kulturellem Wert sein – und zwar für die ganze Menschheit. Außerdem muss es historisch echt sein. Für den Limes bedeutet dies: Die meisten Rekonstruktionen – beispielsweise das Numerus-Kastell in Welzheim – zählen streng genommen nicht zum Weltkulturerbe. Für die Antragstellung mussten auch der aktuelle Erhaltungszustand des Limes detailliert beschrieben und ein Plan für den künftigen Schutz vorgelegt werden.

bdw: War die Entscheidung der Unesco bezüglich des obergermanisch-rätischen Limes eindeutig?

PFEIFLE: Ja, schon bald war klar: Habemus Hereditatem – wir haben das Erbe. Trotzdem haben wir vor der Entscheidung gezittert. Denn der Titel ist heiß begehrt und die Unesco versucht jetzt verstärkt, auch afrikanische und asiatische Bewerber zu berücksichtigen. Im Falle des Limes wurde eine salomonische Lösung gefunden: Er ist zusammen mit dem Hadrianswall, der bereits seit 1987 zum Weltkulturerbe gehört, in einem Projekt – den „Frontiers of the Roman Empire“ – zusammengefasst worden. Was die Kommission auch überzeugt hat, war die Tatsache, dass der Limes mehrere Bundesländer umfasst. Vielleicht – so das Ziel – steht eines Tages sogar die gesamte römische Reichsgrenze unter internationalem Schutz.

bdw: Welche Projekte und Forschungen rund um den obergermanisch-rätischen Limes sind in Zukunft geplant?

PFEIFLE: Die Archäologen wollen in den kommenden Jahren das Gebiet vor dem Limes, also auf der germanischen Seite, verstärkt untersuchen. Außerdem sollen an einigen Grenzübergängen Grabungen durchgeführt werden. Vielleicht gelingt es ja auch, eine zivile Siedlung – einen so genannten Kastellvicus – zu rekonstruieren. Und natürlich sollen Grundstücke, auf denen es Reste des Limes gibt, aufgekauft, stillgelegt und somit gesichert werden. Außerdem wollen wir versuchen, denkmalgerechten Tourismus zu betreiben. Möglichst viele Menschen sollen den Limes kennen lernen, ihn dabei aber nicht überrennen.

Das Gespräch führte Bettina Gartner ■

Ulrich Pfeifle (63) ist Gründer und Vorsitzender der Deutschen Limesstraße und Mitglied der Deutschen Limeskommission. 30 Jahre lang – bis zum 31. Juli 2005 – war er Oberbürgermeister von Aalen.

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