Rund 100000 Menschen erleiden jährlich in Deutschland einen Herzinfarkt. Meist verstopfen Blutgerinnsel ein Herzkranzgefäß. Ob ein Patient den Infarkt überlebt und wie groß die Schäden sind, die am Herzen zurückbleiben, hängt davon ab, wie rasch das verstopfte Gefäß wieder geöffnet wird. Für die Akutbehandlung nach dem Herzinfarkt lassen sich nun zwei Methoden miteinander kombinieren, die bisher nicht gemeinsam eingesetzt wurden: Die Injektion einer gerinnungsauflösenden Substanz (Thrombolyse) und die Gefäßerweiterung mit einem Katheter (Ballondilatation).
Im Gegensatz zur Thrombolyse, die der Notarzt vornehmen kann, ist für die Ballondilatation ein Katheterlabor notwendig, das nicht jede Klinik hat. Durch den Transport oder bei starker Belegung des Labors verstreicht für den Patienten kostbare Zeit. Bisher sei man davon ausgegangen, daß eine Thrombolyse das Risiko für Komplikationen erhöht, wenn eine Dilatation geplant ist, sagt Prof. Dietrich C. Gulba von der Franz-Volhard-Klinik in Berlin. Diese Befürchtung habe eine Studie mit 606 Herzinfarktpatienten widerlegt.
Die kritische Zeit zwischen Gefäßverschluß und Wiederöffnung läßt sich noch verkürzen, wenn die Kranken möglichst rasch nach dem Infarkt ein Gerinnsel-lösendes Medikament erhalten, selbst wenn im Anschluß der Ballonkatheter eingesetzt wird. Patienten mit der kombinierten Behandlung hatten durchschnittlich 41 Minuten früher wieder ein gut durchblutetes Herz als diejenigen, die kein entsprechendes Medikament erhielten und Stunden auf die Dilatation warten mußten – möglicherweise entscheidende Minuten für die Rehabilitation und viele Jahre höhere Lebensqualität.
Nicola Siegmund-Schultze