Mehr als ein Jahrhundert lang haben Forscher versucht, Chinin künstlich herzustellen. Das aus Chinarinde gewonnene Extrakt ist ein wirksames Mittel gegen Malaria, weil es in das Wachstum des Erregers Plasmodium falciparum eingreift. Jetzt ist Wissenschaftlern der Columbia Universität in New York bei der Erzeugung des Stoffes der Durchbruch gelungen. Das Team um Gilbert Stork stellte Chinin komplett synthetisch her.
Die Schwierigkeit bei der Synthetisierung von reinem Chinin liegt in dessen molekularem Aufbau. Die Chemiker sprechen von rechts- und linksdrehenden Kohlenstoff-Atomen. Dadurch gibt es zwei Molekülformen, die wie Spiegelbilder aussehen. 1944 wäre den Amerikanern Robert Woodward und William Doering beinahe schon die künstliche Herstellung von Chinin geglückt. Sie konnten allerdings die Gestalt des Kohlenstoff-Moleküls nicht genau genug steuern und scheiterten deshalb.
Das jetzt entwickelte Verfahren eröffnet neue Perspektiven. Einerseits kann Chinin kostengünstig in großen Mengen hergestellt werden, andererseits ist es nun auch möglich, bessere Molekülvarianten zu erzeugen. Durch eine Feinabstimmung der Synthese ist es zum Beispiel denkbar, Substanzen zu entwickeln, die nicht nur vor Malaria schützen, sondern auch verhindern, daß der Erreger dagegen resistent wird.
Hans Groth