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Hoffnungen beflügeln die Phantasie

Allgemein

Hoffnungen beflügeln die Phantasie
Reiner Korbmann über unseren Umgang mit einer runden Jahreszahl. Visionen entstehen in Zeiten großer Hoffnungen und kleiner Zweifel. In welchen Zeiten leben wir heute?

Es ist schon einige Jahre her. Dennoch erinnere ich mich gut an die farbigen Zeichnungen in Büchern und Zeitschriften: Bahnen und Straßen überspannen scheinbar schwerelos in beliebiger Höhe kreuz und quer Hochhausschluchten; in Städten geht niemand mehr zu Fuß, und der Luftraum ist gefüllt mit Menschen, die in Einmann-Hubschraubern oder -Raketen ihrem Ziel zustreben; überdimensionale Glasdome schützen Städte und Landschaften vor den Unbilden des Wetters; gewaltige Sonnenspiegel umkreisen die Erde, beleuchten die Landschaften bei Nacht; Passagiere werden in riesigen Rohrpostsystemen von Stadt zu Stadt katapultiert. Alles Visionen vom Jahr 2000. Heute ist es soweit. Das magische Datum zahlloser Utopien vergangener Jahre liegt unmittelbar vor uns. Doch die Realität ist weit von den Vorstellungen der anonymen Künstler entfernt. Heißt das aber auch zugleich, daß sie unrecht hatten? Ganz sicher: Nein. Sie haben sich vorgestellt, was die Zukunft Neues bringen wird, haben damit Bilanz gezogen über das Vergangene, das Gegenwärtige überprüft, die Möglichkeiten ausgelotet.

Das Wertvolle an Zukunftsphantasien und Prognosen ist nicht, daß sie irgendwann einmal eintreffen. Ihr Wert liegt vor allem darin, daß wir uns heute mit dem Morgen beschäftigen: Daß wir uns auf Veränderungen einstellen und die Augen öffnen sowohl für die Probleme, die vor uns liegen, als auch für die Chancen, sie zu lösen – daß wir uns von der Zukunft herausfordern lassen.

Das Jahr 2000 ist für viele von uns ein Anlaß innezuhalten. Zwar ist es, abgesehen von den Computer-Problemen, eigentlich ein ganz normales Jahr, nur auf unserem Kalender durch den Wechsel der ersten Ziffer hervorgehoben, mathematisch betrachtet noch nicht einmal der Beginn des neuen Jahrtausends. Und dennoch erreicht die Flut der Chroniken, der Rückblicke, der Bilanzen und Besinnungen ungeheure Ausmaße. Viel seltener aber gibt es den Blick nach vorn.

Wohl ist es verwegen, das Jahr 3000 vorhersehen zu wollen, aber das Jahr 2050 und selbst 2100 wären ja schon greifbarer. Oder könnten wir es nicht ertragen, mit unseren Prognosen unrecht zu haben? Wer sich mit Visionen beschäftigt, lernt schnell, daß sie meist viel zu simpel gestrickt sind. Die Wirklichkeit erweist sich immer als viel komplexer. Gerade deshalb aber zeigen sie uns die Herausforderungen. So führen etwa die Hochhausschluchten der alten Illustrationen direkt zu den überbordenden Metropolen unserer Tage, die Regenkuppeln zu den Problemen der Umwelt, Einmann-Hubschrauber und Menschen-Rohrpost zu den Engpässen unserer Mobilitätskultur. Neue Fragen, die ohne die Faszination der Utopien wohl nie gestellt worden wären, fordern Antworten.

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Die berühmten Illustrationen vom Jahr 2000 entstanden in den fünfziger und sechziger Jahren, Zeiten großer Hoffnungen und kleiner Zweifel. In Zeiten aber auch, in denen Menschen geboren wurden, die heute das Bild unserer Zivilisation bestimmen – wie Steve Wozniak, Stephen Jobs, Bill Gates, drei Vordenker der Personal Computer, oder Marc Andresen und Tim Berners-Lee, die Pioniere des World Wide Web. In welchen Zeiten leben wir heute? Hoffnungen beflügeln die Phantasie.

Eigentlich schade, daß ich die alten Bilder mit den Zukunftsvisionen nicht aufgehoben habe. Schade vor allem, daß heute solche Bilder nicht mehr entstehen.

Reiner Korbmann

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