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Im freien Fall – für Sekunden schwerelos

Allgemein

Im freien Fall – für Sekunden schwerelos
„Wissenschaft live” im Deutschen Museum Bonn – mit einer Live-Schaltung zum Fallturm in Bremen. Ohne in den Weltraum fliegen zu müssen, können die Forscher dort in der Schwerelosigkeit experimentieren, allerdings nur für Sekunden.

Schwerelosigkeit – das klingt nach einer langweiligen Unterrichtsstunde , doch was die rund 100 Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Bonn-Beuel und weitere 300 Besucher beim letzten “Wissenschaft live” im Deutschen Museum Bonn erlebten, war spannend wie ein Raketenstart.

Einen Start gab es tatsächlich, jedoch nicht in den Himmel, sondern in umgekehrter Richtung: Im 145 Meter hohen Bremer Fallturm wurde eine Kapsel zum Absturz gebracht. In ihr steckte ein Experiment, mit dem die Forscher Verbrennungsvorgänge studieren wollten.

Zwischen dem Deutschen Museum Bonn und dem Bremer Institut “ZARM”, das den Fallturm betreibt, gab es eine Video-Verbindung, so daß die Bonner Schüler den Countdown für den Start nach unten liefern konnten: “Zehn – neun – acht …” Bei “null” löste sich in Bremen das Halteseil, und die Kapsel stürzte in die Tiefe, vor den Augen der Besucher in Bonn, die den Fall an den Bildschirmen verfolgten. Und dazu mußte man nicht einmal nach Bonn ins Museum gekommen sein: “Wissenschaft live” wurde live vom Sender Phönix im Fernsehen übertragen.

Lotse durch das Frage- und Antwortspiel war Ranga Yogeshwar, Moderator des WDR-Fernsehens. Im Museum stand der Chef des Fallturms, Prof. Dr. Hans-J. Rath, den Schülern Rede und Antwort, im Institut in Bremen gaben die Techniker Auskunft.

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Überraschungsgast in Bonn war ein Experte in Sachen Schwerelosigkeit: Dr. Ulf Merbold, der bei seinen Raumflügen im Spacelab und in der Weltraumstation Mir diesen exotischen Zustand am eigenen Leib erfahren hatte.

Auf die Frage von Marcel, was eigentlich das “g” als Einheit der Schwerkraft sei, sagt Merbold: “Hätten wir hier im Saal null g, würden die Stühle neben uns irgendwo im Raum herumschweben. Als Astronaut muß man höllisch aufpassen, daß man nichts verliert.”

Wie eine Kerze im Raumschiff brennt, will ein Schüler wissen. Merbold: “Ganz anders. Ich habe selbst Versuche dazu gemacht.” Versuch – das Stichwort für Yogeshwar. Er hat ein Marmeladenglas mitgebracht mit einem Teelicht darin. Wenn das Glas fällt, wird die Kerzenflamme kleiner, weil ohne Schwerkraft die Flamme kein “oben” mehr kennt und an mangelndem Luftnachschub erstickt.

Prof. Rath gibt auf die vielen Fragen nach dem Fallturm Auskunft: “Vor jedem Fallversuch wird die Luft aus dem Turm gepumpt, damit die Kapsel wirklich frei, ohne Bremsung, fallen kann. Sie braucht 4,7 Sekunden für die 110 Meter Fallhöhe.”

“Könnte nicht auch ein Astronaut in der Kapsel sitzen?” will Tanja wissen. “Das könnte er – nur beim Abbremsen würde er die 25 g nicht überleben”, meint Rath. “Parabelflüge sind dagegen ungefährlich”, ergänzt Merbold. “Die Idee dazu hatte in den fünfziger Jahren Prof. Heinz Haber, der Gründer von bild der wissenschaft. Er schlug vor, ein Flugzeug genau auf einer Parabelbahn zu fliegen. Während fast 30 Sekunden herrscht im Innern des Flugzeugs Schwerelosigkeit. Doch anschließend muß man für die Schwerefreiheit büßen, wenn das Flugzeug wieder nach oben gezogen wird und ein vielfaches g wirkt. Bei einem solchen Parabelflug habe ich Versuche mit einer Kerze gemacht. Die fast erloschene Kerze entwickelte anschließend bei mehrfachem g eine heftige Flamme.”

“Um was ging es eigentlich bei diesem Versuch heute?” wollen mehrere Schüler wissen. Auf dem Bildschirm antwortet der Techniker Torsten Bolik: “Es handelt sich um ein Experiment zur Selbstzündung, wir möchten die Verbrennung berechenbar machen. Zwei hochporöse Kugeln aus Faserkeramik werden mit Kraftstoff betankt. Sobald Schwerelosigkeit eintritt, werden sie blitzartig in einen Ofen geschoben, der auf 500 Grad aufgeheizt ist. Der Kraftstoff in den Kugeln entzündet sich, und eine Hochgeschwindigkeitskamera filmt die Verbrennung.”

“Kann die Kapsel beim Fallen nicht mal an der Wand anecken?” fragt Evelyn. “Nein”, beruhigt sie Prof. Rath. Die Kapsel ist nur 85 Zentimeter dick, und der Turm hat einen Innendurchmesser von 3,5 Metern.”

“Wegen der Erddrehung”, bohrt Evelyn weiter, “weicht die Kapsel doch von der Senkrechten ab.” Rath staunt über so viel Sachverstand. “Richtig, aber die seitliche Versetzung dadurch beträgt nur rund 1,3 Zentimeter.” “Warum hat die Fallkapsel unten eine Spitze? Im Vakuum braucht man die doch nicht.” Frank hat die Frage gestellt. Torsten Bolik antwortet über den Bildschirm: “Die Spitze nutzt beim Fallen im Vakuum gar nichts, aber sie ist wichtig für die Landung in dem acht Meter tiefen, mit Styroporkugeln gefüllten Auffangbehälter. Dort soll die Kapsel beim Bremsen stabil, das heißt senkrecht bleiben.”

Lisa interessiert sich mehr für den Menschen in der Schwerelosigkeit: “Wie lange kann ein Mensch bei null g gesund bleiben?” – “Meine russischen Kollegen haben gezeigt, daß man das über ein Jahr lang kann”, meint Ulf Merbold. “Ich selbst war rund einen Monat lang schwerelos. Das geht, wenn man sich im All durch Übungsprogramme fit hält. Aber eines habe ich ganz stark empfunden: Wenn man nach 30 Tagen wieder auf der Erde steht, fühlt man plötzlich das Gewicht der inneren Organe.”

Das nächste “Wissenschaft live” – Rechtsmedizin

Eine der modernsten Methoden der Kriminalistik ist die Gen-Analyse, mit der ein Verdächtiger eindeutig als Täter überführt oder entlastet werden kann. Sie ist jedoch auch auf Verbrechen anwendbar, die in grauer Vorzeit liegen. So konnte kürzlich ein Fall abgeschlossen werden, der im vorigen Jahrhundert die Gemüter bewegte: War Kaspar Hauser, der im Mai 1828 in Nürnberg aufgetaucht war, der geheimnisumwitterte Sproß aus markgräflich-badischem Geblüt? Ein Blutfleck auf seiner Unterhose, dem Beweisstück für seine Ermordung, wurde analysiert und verglichen mit Blutproben von zwei lebenden Personen aus dem gräflichen Geschlecht. Ergebnis: keinerlei Verwandtschaft.

Prof. Dr. Wolfgang Eisenmenger vom gerichtsmedizinischen Institut in München wird im nächsten “Wissenschaft live” Fragen dazu beantworten: am Montag, den 30. März, um 17 Uhr im Deutschen Museum in 53175 Bonn, Ahrstr. 45. Fragen können vorher schon geschickt werden an Dr. Andrea Niehaus vom Deutschen Museum oder an die Redaktion von bild der wissenschaft, Stichwort “Wissenschaft live”.

Wolfram Knapp

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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

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