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Internet, Volksverdummung und Co.

Allgemein

Internet, Volksverdummung und Co.

Wir stehen an einem Wendepunkt. Was die einen an einer runden Jahreszahl festmachen (dem Jahr 2000), messen andere am Wechsel der prägenden Forschungsfelder (Biowissenschaften statt Physik), wieder andere an der Umwälzung des politischen und wirtschaftlichen Machtgefüges (Stichwort Globalisierung) oder am Wandel der Produktionsmittel (von der Industrie- zur Informationsgesellschaft).

Wie schwer es uns fällt, mit Neuem umzugehen, zeigt beispielhaft das Internet. Vereinfacht betrachtet ist es kaum etwas anderes als das Telefonnetz – mit dem Unterschied, daß an den Endpunkten nicht Hörer und Sprechmuschel, sondern Computer hängen.

Und dennoch birgt diese Entwicklung wirtschaftlich, politisch und sozial eine Sprengkraft für viele gewohnte Strukturen, wie sie am ehesten mit der Erfindung des Automobils vergleichbar ist. Während aber das Auto fast 100 Jahre brauchte, um von einem innovativen Transportmittel zum Fundament der mobilen Gesellschaft zu werden, geht das bei der Datenkommunikation viel schneller.

Wir befinden uns im Jahre sieben des World Wide Web, der Schlüsselerfindung für das Internet. Und schon in zehn oder zwanzig Jahren wird niemand mehr auf Datenkommunikation verzichten können – so wenig wie heute auf das Auto, das Telefon oder den Fernseher.

Voraussetzung dafür, daß etwa das Auto zum gesellschaftlichen Ereignis wurde, waren gesetzliche Regelungen. Ohne Rechtsfahrgebot herrschte auf den Straßen das Chaos. So braucht auch das Internet dringend feste Regeln – die Zeiten der romantischen Anarchie gehen zu Ende. Das haben clevere Politiker erkannt: Sie nutzen die euphorischen Träume der Pioniere, schüren zugleich die Ängste vor dem Mißbrauch der Freiheit im Netz – und versuchen dabei vor allem, möglichst viel unter ihre Kontrolle zu bekommen. “Der Primat der Politik muß bewahrt werden”, mahnte Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber vor kurzem bei einer Tagung des Burda-Verlags zu Internet und Politik. Immerhin wurde bereits der Versuch einiger Landesfürsten abgewehrt, die Online-Kommunikation total unter ihre Kuratel zu stellen. Doch damit ist noch nichts gewonnen. Kinderschänder und andere Kriminelle müssen herhalten, um Kontrollen der Inhalte zu planen, die weit über Mißbrauch hinausgehen; Vorstellungen von direkter Bürgerbeteiligung per Web und “Zugang zu Informationen aus erster Hand” werden geweckt, um elektronischem Populismus das Wort zu reden. Sind Selbstdarstellungs-Orgien das Ideal der Demokratie?

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“Die Vermittler von Nachrichten verlieren an Bedeutung”, freuen sich Politiker. Haben sie doch genug Ärger mit der freien Presse, mit Amigo-Affären und Parteispenden-Fällen. Die vordringliche Aufgabe der Politik, eine “Straßenverkehrsordnung” für den Dialog der Bürger auf der Daten-Autobahn zu schaffen, gibt es in ihren Visionen kaum.

Zeiten der Wende sind spannende Zeiten. Sie bieten Gelegenheit zu Visionen und den Zwang, die eigene Position kritisch zu prüfen. Kein Zweifel – die neuen Kommunikationsmöglichkeiten werden auch die Demokratie verändern. Wer dabei aber zuerst an den eigenen Machterhalt denkt, ist wie ein Stein in der Brandung: Er wird mit der Zeit unterspült und versinkt. Besser ist die Strategie der Fische: Sie folgen flexibel der Strömung und finden so neue Lebensräume.

Reiner Korbmann

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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

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Mei|er  〈m. 3〉 1 〈im MA〉 vom Grundherrn eingesetzter Gutsverwalter 2 〈später〉 Pächter eines Landgutes … mehr

Bran|chi|at  〈[–çi–] m. 16; Zool.〉 durch Kiemen atmendes Glieder– od. Wirbeltier [zu grch. branchos … mehr

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