Wie viel Kultur steckt in einer Katastrophe, Herr Schenk?
Die Kultur spielt eine wesentliche Rolle dabei, ob es überhaupt zu einer Katastrophe kommt. Wie der Schriftsteller Max Frisch pointiert formulierte: „Katastrophen kennt allein der Mensch, sofern er sie überlebt, die Natur kennt keine Katastrophen.“ Gemeint ist, dass ein natürliches Extremereignis wie ein Erdbeben erst dann zur Katastrophe wird, wenn es Menschen verderblich trifft.
Gibt es ein Volk, das besonders gut mit Katastrophen umgehen kann?
Das ist schwer zu sagen, weil es viele Arten von Katastrophen gibt: Epidemien, Kriege, Technikunfälle, Naturgefahren. Bei Kulturen, die ständig bedroht sind, kommt es zweifellos zu Anpassungen. Man denke an Japan, dessen seismisch unruhiger Untergrund zu einer besonderen Holzbauarchitektur geführt hat. Ursprünglich wurden Krisen als Wendepunkte, auch ins Positive, wahrgenommen.
Inwiefern positiv?
Der Begriff „Krise“ kommt vom Altgriechischen „krisis“ für „ Entscheidung, Urteil, Ausgang“. Er bezeichnete den Moment eines Krankheitsverlaufs, in dem sich entschied, ob diese gut oder schlecht endet. Die Vorstellung wurde etwa auf Politik und Wirtschaft übertragen.
Gilt das auch für Katastrophen?
Der Begriff „Katastrophe“, ebenfalls aus dem Altgriechischen, meinte „Umsturz, Ende, Abschluss“. In der Renaissance wurde er im Drama für einen klärenden Schluss verwendet. So nahm der Begriff die Bedeutung „Wendepunkt“ an, zunächst ins Positive wie ins Negative. Erst im 19. Jahrhundert wurde er auch für Naturereignisse verwendet.