„Vier auf einen Streich“ versprechen moderne Impfstoffe, die es den sorglos gewordenen Deutschen leichter machen sollen, ihre Kinder gegen Infektionskrankheiten zu schützen und ihren eigenen Impfschutz wieder auffrischen zu lassen. Denn nur noch 50 bis 75 Prozent der Kinder in Deutschland werden gegen Kinderlähmung, Mumps, Masern, Tetanus und Diphtherie geimpft, nur jeder dritte Erwachsene läßt sich in den notwendigen Abständen wieder gegen Tetanus und Diphtherie spritzen. Wenn die Durchimpfung der Bevölkerung einen bestimmten Schwellenwert unterschreitet, können längst vergessene Epidemien wieder aufflackern, mahnte vor kurzem das Gesundheitsministerium. Der einzelne habe deshalb auch eine Verantwortung gegenüber der Allgemeinheit.
Eine Impfung hilft dem Körper, sich mit eigenen Mitteln zu wehren. Die abgetöteten oder geschwächten Krankheitserreger, die in Impfstoffen enthalten sind, rufen im Körper dieselbe Abwehrreaktion hervor wie eine Infektion mit lebenden Bakterien oder Viren. Weiße Blutzellen werden dazu angeregt, Antikörper zu produzieren, die sich an die Erreger koppeln und sie unschädlich machen. Einige Tage dauert es aber, bis nach einer Impfung die Produktion der Antikörper in Schwung kommt. Ist die Schlacht geschlagen, verschwinden die meisten der spezialisierten Zellen allmählich wieder aus dem Blut. Nur in ein paar „Gedächtniszellen“ bleibt die Antikörper-Formel gespeichert. Damit kann das Abwehrsystem auf erneute Invasionen desselben Erregers schneller als beim ersten Mal reagieren.
Viele Impfstoffe sind in den letzten Jahren perfektioniert worden. Mütter quengelnder Kleinkinder werden sich über einen neuen Vierfach-Impfstoff freuen, der über die bisherige Dreifachimpfung gegen Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten hinaus noch gegen Haemophilus influenzae Typ B, den Haupterreger der Hirnhautentzündung (Meningitis) schützt. Die Meningitis ist zwar selten, endet aber bei beinahe jedem zehnten Kind tödlich und hinterläßt bei noch einmal so vielen Kindern bleibende Hirnschäden. Was früher nur in mehreren Impfterminen ging, läßt sich mit dem Vierfachimpfstoff „Infanrix“ jetzt auf einmal erledigen.
Schon seit vergangenem Jahr gibt es auch zwei Impfstoffe gegen Hepatitis A, die Impftermine einsparen helfen (Vaqta, Havrix 1440). Statt bisher zweimal müssen sich Gefährdete, vor allem Tropenreisende, jetzt nur noch einmal impfen lassen. Schon nach zwei Wochen haben sie den vollen Impfschutz. Nach 6 bis 12 Monaten wird der Impfschutz mit einer Auffrischung vervollständigt.
Den Hepatitis-A-Impfstoff gibt es neuerdings kombiniert mit einem Serum gegen die gefürchtete Hepatitis B (siehe Grafik unten). Statt mit fünf kommt man jetzt mit drei Injektionen aus. Von dem Kombinationsimpfstoff (Twinrix) gibt es außerdem eine speziell dosierte Variante für Kinder. Ohnehin empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut in Berlin, nicht nur Risikogruppen, sondern grundsätzlich alle Kinder und Jugendlichen gegen Hepatitis B zu impfen. Die Krankenkassen zahlen bisher aber nur für den Einfach-Impfstoff.
MEDINFO MEDIEN
Buch Alfred Lienhard Impfen? Nutzen und Risiken Ratgeber für Kinder und Erwachsene Unionsverlag, Zürich 1996 DM 18,80
Stephan Illing Impfungen Wirkungsweise, Wirkungsdauer, Komplikationen Trias, Stuttgart 1996 DM 19,80
C. Eberhard-Metzger, R. Ries Verkannt und heimtückisch Die ungebrochene Macht der Seuchen Birkhäuser, Basel 1996 DM 49,80
Video Mensch und Bakterien Best.-Nr. 3-86025-782-X Servicecenter Fachverlage GmbH Holzwiesenstraße 2 72127 Kusterdingen VHS-Video, 30 Min. DM 99,-
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Aktuelle Informationen zum Impfen zu Hause und auf Reisen sowie Impfkalender und Adressen von Impfinstituten in Ihrer Nähe verschickt das Robert-Koch-Institut für Infektionskrankheiten Nordufer 20 13353 Berlin Fax: 030 – 45472328 Internet: http://www.rki.de
Helmut L. Karcher