Mikrofone können hören, wenn ein entzündliches Gas aus dem winzigen Leck einer Leitung strömt. Sie reagieren dabei empfindlicher als Sensoren, die das Gas erschnüffeln und dann Alarm schlagen. Doch herkömmliche Mikrofone brauchen Strom – zusammen mit Gas eine explosive Mischung. Jetzt hat die niedersächsische Firma Sennheiser electronic einen sensiblen Lauscher entwickelt, der ohne Strom auskommt und der beispielsweise in unmittelbarer Nähe zu chemischen Produktionsanlagen eingesetzt werden kann.
Das neue Gerät soll auch andere Räume erobern, die heute noch ohne Mikrofon auskommen müssen: So können Patienten mit Verdacht auf Bandscheibenvorfall oder Gehirntumor bisher ihre Ärzte nur laut rufen oder mit ihnen durch einen Schlauch sprechen, wenn sie zur Untersuchung in einem Kernspin- Tomographen liegen. Der Grund: In den Magnetfeldern funktionieren Mikrofone nicht, die metallische Teile enthalten.
Das Sennheiser-Mikrofon benutzt einen Lichtstrahl, um zu hören. Das Lichtbündel tritt aus einer Glasfaser aus und trifft anschließend auf eine reflektierende Membran, die sich durch Schallwellen in Schwingung versetzen läßt. Die Intensität des zurückgeworfenen Lichtstrahls schwankt im Takt der Membranbewegung. Anschließend nimmt eine zweite Glasfaser das Lichtbündel auf und leitet es an eine Fotodiode weiter. Der Fotostrom der Diode zeichnet ein elektrisches Abbild der Membranbewegungen, womit das ursprüngliche Schallfeld exakt wiedergegeben wird.
Da Lichtleiter selbst über sehr lange Strecken Signale fast verlustfrei transportieren, kann die Membran weit entfernt von der Lichtquelle und der Fotodiode plaziert werden. Das macht auch unzugängliche Gebiete wie die Tiefsee für Lauschangriffe zugänglich.
“Die Idee, ein optisches Mikrofon zu bauen, wird weltweit schon seit mehr als 20 Jahren verfolgt”, sagt Rolf Meyer, Geschäftsführer für Technik und Qualität bei Sennheiser. Die Wissenschaftler und Ingenieure hatten vor allem mit einem Problem zu kämpfen: Der Lichtstrahl verbreiterte sich bei dem Austritt aus der Glasfaser und bei seinem weiteren Weg, so daß die zweite Glasfaser nur einen Teil von ihm registrierte. Dadurch übertrugen optische Mikrofone bisher nur einen schmalen Frequenzbereich unter starkem Rauschen.
Die Tüftler versuchten lange Zeit erfolglos, dieses Manko mit Hilfe von aufwendigen optischen Systemen zu beseitigen. “Israelische Sonarforscher, mit denen wir kooperieren, haben dann eine verblüffend einfache Lösung entdeckt”, berichtet Meyer. Sie schliffen die Ecken der 50 bis 100 Mikrometer (tausendstel Millimeter) dünnen Glasfaser in einem speziellen Winkel ab – mit dem Ergebnis, daß der Lichtstrahl scharf blieb und sich nicht mehr aufspreizte.
Sennheiser plant, das optische Mikrofon in der zweiten Jahreshälfte in Serie zu produzieren. Es soll nicht wesentlich teurer sein als herkömmliche Geräte.
Frank Frick