Wenn Lawinen ins Tal donnern, walzen die gewaltigen Schneemassen alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellt. Doch eine Studie des Eidgenössischen Instituts für Schnee- und Lawinenforschung im schweizerischen Davos zeigt, dass die zerstörerische Kraft der Lawinen für die Natur auch nützlich ist: Sie schafft Standortbedingungen, die einer Vielzahl von Pflanzen das Überleben erst möglich machen. Die Schneeabgänge knicken große und dominierende Bäume um, wodurch in den Lawinenzügen viel mehr Licht den Boden erreicht als im angrenzenden Wald. Auch Wasser und Nährstoffe sind hier reichlicher vorhanden. Da der Kahlschlag im Zentrum der Lawinenhänge stärker ist als an den Seiten, herrschen auf engem Raum unterschiedliche Lebensbedingungen für die Pflanzen – entsprechend groß ist die biologische Vielfalt. Die Forscher fanden in den Lawinenzügen über 140 verschiedene Pflanzenarten – weitaus mehr als in den angrenzenden Waldgebieten. Die Studie beweist außerdem, dass der Artenreichtum der Vegetation zunimmt, je häufiger Lawinen in einem Gebiet niedergehen.
Hans Groth