„Zwischen 20 und 23 Uhr ist der Lesesaal geöffnet dank der Firma…“ – Aufschriften dieser Art werden die Heidelberger Studenten künftig öfter lesen. Denn mit einer Million Mark weniger in der Kasse hätte die Bibliothek ihre Öffnungszeiten drastisch kürzen müssen und weniger Bücher kaufen können. „Das ist nicht tragbar“, fand Dörpinghaus – und sah sich nach Geld um.
In Wirtschaft und Industrie wurde er fündig. Ein Betrieb für medizinische Geräte sponsert Zeitschriften-Abonnements, im juristischen Lesesaal legt ein Repetitorienveranstalter Broschüren aus. Die Studenten haben bis jetzt anscheinend nichts dagegen. „Die Werbung darf jedoch nicht belästigen. Nikotin, Sex und Alkohol lassen wir beiseite“, nennt Dörpinghaus die Grenzen. Der Rektor der Universität war von der Selbstfinanzierung begeistert – unter der Bedingung, daß die Jugendstilfassade der Bibliothek verschont bleibt. Dörpinghaus hofft, 100000 Mark zusammenzubekommen. Probleme bereitet ihm aber die Steuer. Sobald der Förderverein, über den die Finanzierung läuft, mehr als 60000 Mark einnimmt, muß er mehr als die Hälfte der Einnahmen abführen. „Dann lohnt es sich nicht mehr“, fürchtet der Bibliotheksleiter. Derzeit führt er Gespräche mit dem Finanzministerium über eine Sonderregelung.
Hermann Josef Dörpinghaus