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Mit dem Latein am Ende

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Mit dem Latein am Ende
Hans Schmidt berichtet von der Globuli-Front

Als Globulus hat man es nicht leicht: Im Volke hoch angesehen, von Berufenen gerne verabreicht (steckt nicht in jedem Mediziner ein Medizinmann, in jeder Hebamme eine Heilerin?) und in Hunderten von Studien gerühmt, schlägt den Kügelchen seitens der Wissenschaft seit jeher eiskalte Verachtung entgegen. Aber selten so heftig wie zurzeit. Der vorerst letzte Anlauf der Homöopathie, endlich akademische Ehren zu erlangen, ist gründlich gescheitert. Von den Behörden wohlwollend genehmigt, sollte im Herbst dieses Jahres das reguläre Studium an der neuen Homöo-Akademie in Traunstein beginnen. Die Absolventen wären nach drei Jahren um 21600 Euro ärmer und einen Titel reicher gewesen, den „Bachelor of Science (BSc) Homöopathie“. Und diese hätte sich von einer dubiosen Heilkunde in eine anerkannte Wissenschaft verwandelt.

Daraus wird nichts. Die private Steinbeis-Hochschule, die hinter der Homöo- Akademie steht, hat das Handtuch geworfen. Zu heftig war der Gegenwind aus Kreisen wissenschaftlicher Gralshüter. Steinbeis-Präsident Johann Löhn gab entnervt auf, da „ die öffentliche Diskussion über diesen BSc die sachliche Ebene verlassen“ habe.

Und die zahlreichen Studien, die Homöopathie-Verfechter vorgelegt haben? Nicht solide gemacht und keineswegs verlässlich. Der Effekt von Globuli, artverwandten Tinkturen und Tabletten? Nicht besser als Placebos bei manchen Krankheiten und beim Rest alles andere als evident. Es mangelt grundsätzlich an „größeren Untersuchungen mit angemessenem Studiendesign“. So weit und vernichtend eine Analyse im Auftrag des australischen National Health und Medical Research Council, die im April veröffentlicht wurde.

Zeitgleich forderte die verbraucherpolitische Sprecherin der CDU/-CSU-Bundestagsfraktion Mechthild Heil mehr Transparenz bei Homöopathika, also vor allem eine Übersetzung der Inhaltsstoffe aus dem Lateinischen. Bei eingedeutschten Ingredienzien wie Hundekot, Kakerlak und Krötengift dürften aber selbst Gobuli-Fans ins Grübeln geraten. Dieser Frühlingsoffensive schloss sich der Deutsche Konsumentenverband an, der Homöopathen in die Esoterikecke stellt, lautstark unterstützt von der unvermeidlichen Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften GWPU.

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Der Homöopathie dürfte das wissenschaftlich-politische Sperrfeuer indes kaum schaden. Sie hat sich längst im seriösen Medizinbetrieb eingenistet, etwa in der Universitätskinderklinik der LMU München. Auch in fast allen Geburtshilfe-Abteilungen werden Globuli verabreicht, und das Wahlpflichtfach Homöopathie findet sich in den Lehrplänen renommierter Universitäten, unter anderem in Göttingen, Frankfurt am Main, Dresden und Bochum. Gegen Globuli & Co ist offenbar kein Kraut gewachsen.

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