Wer an Wasserkraft in China denkt, hat den riesigen Dreischluchten-Damm vor Augen. Doch das Bild täuscht. Das Land ist geradezu übersät mit kleineren Wasserkraftwerken: rund 40 000 Anlagen mit Leistungen unter 50 Megawatt. Zusammen bringen sie 40 Gigawatt – mehr als das Doppelte des Dreischluchten-Damms. Das Potenzial kleiner Wasserkraftanlagen wird auf 128 Gigawatt geschätzt. Für solche Kraftwerke wird in der Regel niemand zwangsumgesiedelt, doch auch hier gibt es Umweltbedenken. Weil die Anlagen von lokalen Behörden genehmigt werden, finden Umweltprüfungen meist gar nicht statt. Dabei können auch dort die Vegetation leiden, der Boden erodieren und Arten aussterben.
Chin Lei, Chinas Minister für Wasserressourcen, hält dagegen, dass die kleinen Wasserkraftwerke der Atmosphäre immerhin 140 Millionen Tonnen Kohlendioxid und 700 000 Tonnen Schwefeldioxid ersparen. Und etwa 300 Millionen Menschen in unterentwickelten Gebieten hätten nur dank kleiner Wasserkraftwerke überhaupt elektrische Energie. Insgesamt haben laut Lei heute 99,6 Prozent der ländlichen Haushalte Zugang zu Energie aus Wasserkraft, 1980 waren es weniger als 80 Prozent. Von 2006 bis 2009 investierte das Land 1,84 Milliarden US-Dollar (1,25 Milliarden Euro) in solche Kraftwerke und erhöhte die Leistung um 1,26 Gigawatt.