Wärme macht den Aids-Erreger unschädlich. Wissenschaftler der RWTH Aachen untersuchen daher die Möglichkeit, HI-Viren im menschlichen Körper auf 60 Grad aufzuheizen, ohne dabei das gesunde Gewebe zu erwärmen.
Sie sind überzeugt, eine Wunderwaffe für diese neuartige Aids-Therapie schon in Händen zu halten: Magnetische Kügelchen aus Metalloxiden mit einem Durchmesser von höchstens 50 Nanometern (millionstel Millimetern), die mit Hilfe eines magnetischen Wechselfeldes berührungslos aufgeheizt werden können. Dabei sind sie klein genug, um über die Blutbahn beispielsweise in die Lymphknoten zu wandern, wo sich die HI-Viren bevorzugt einnisten.
Damit das Immunsystem die Kügelchen nicht als fremd erkennt und vernichtet, bevor sie überhaupt Kontakt zu den HI-Viren aufnehmen können, verpaßten die Wissenschaftler um Prof. Heiko Lueken und Dr. Detlef Müller-Schulte ihnen einen Tarnanzug aus Polyvinyl- Alkohol. Doch erst ein weiteres Bauelement macht die magnetischen Winzlinge zum großen Hoffnungsträger: An den Tarnanzug werden Moleküle gekoppelt – sogenannte CD4-Rezeptoren – von denen bekannt ist, daß sich HI-Viren und von ihnen befallene Zellen an sie heften.
Ob der Plan wirklich aufgeht, ist allerdings noch ungewiß. Die Nanokugeln sollen Aids-Kranken gespritzt werden, um in Blutbahn und Lymphknoten die HI-Viren und die infizierten Zellen einzufangen. Ein veränderliches Magnetfeld, dem die Patienten dann ausgesetzt werden, könnte die gefangenen Viren aufheizen – und dadurch vernichten. „Wir wollen zunächst die Wirkung unserer Magnetpartikel im Labor ausgiebig testen, bevor wir klinische Untersuchungen an Aids-Patienten vornehmen“, sagt Müller-Schulte.
Der Forscher setzt nicht nur für die Aids-Therapie auf die mit Polyvinyl ummantelten Winzlinge. Vor zwei Jahren hat er aus der Hochschule heraus ein Unternehmen gegründet, das Magnetpartikel für Forschungsinstitute und Labors entwickelt. Denn an den Polyvinyl-Mantel können nicht nur CD4-Rezeptoren angeheftet werden, sondern auch andere Moleküle – beispielsweise solche, die sich mit Krebszellen verbinden.
Mit Hilfe dieser maßgeschneiderten Nanoteilchen lassen sich Tumorzellen aus einer Zellkultur sehr leicht und schnell herausfischen: Ein einfacher Magnet genügt, um entartete Zellen von gesunden Zellen zu trennen.
Frank Frick