Gerd-Christian Weniger sieht rosige Zeiten kommen. „Weltweit erhalten jetzt Wissenschaftler die Chance, sich den vollständigen Datenbestand zum Neandertaler auf den Schreibtisch zu holen”, freut sich der Direktor des Neanderthal Museums in Mettmann bei Düsseldorf. Er spricht von „Nespos”, ausgeschrieben: Neanderthal Studies’ Professional Online Service.
Für diese übers Internet zugängliche Wissenschaftsplattform, die seit März 2006 freigeschaltet ist, haben bereits seit zwei Jahren Fachleute begonnen, die über Universitäten und Museen verstreuten Knochen, Zähne und Werkzeuge als 3D-Datenmodelle zu digitalisieren. Sogar Fundstellen werden im Rechner nachgebaut. Interessierte Institutionen können sich in Nespos einmieten.
Vor allem bei einer großen, bislang offenen Frage hofft Weniger durch Nespos auf Antworten: „Wir wissen kaum etwas über die Variationsbreite der Neandertaler. Aber das waren Wesen, die während vieler Zehntausend Jahre über die große Region Eurasien verstreut waren, in ganz unterschiedlichen Klimaten und Lebensräumen. Je nach Umweltbedingungen und Epoche müssen sich die Populationen voneinander deutlich unterschieden haben.”
Dies systematisch zu untersuchen, ging bisher nicht – dazu müsste man sämtliche Fossilien und Werkzeuge in der Zusammenschau beurteilen können. Diese „einmalige Chance” biete sich jetzt, sagt der Museums-Chef. Nespos sei zudem eine Diskussionsplattform für Forscher, die sich über die Fundstücke miteinander online austauschen können. In spätestens fünf Jahren, vermutet Weniger, dürfte Nespos großen Wissenszuwachs erbracht haben.