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Neue Adern für kranke Herzen

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Neue Adern für kranke Herzen
Mit Hilfe von Wachstumsfaktoren lassen süddeutsche Ärzte an den Herzen ihrer Patienten neue Adern wachsen. Eine erfolgversprechende Therapie bei Herzinfarkt?

Die meisten Menschen in Industrieländern sterben durch Erkrankungen, deren Ursache eine Verengung der Herzkranzgefäße ist. Wenn die nur wenige Millimeter dicken Adern “verkalken”, also der Blutfluß durch arteriosklerotische Ablagerungen behindert wird, leidet der Herzmuskel an Sauerstoffmangel. Zum lebensgefährlichen Infarkt kommt es, wenn ein bereits verengtes Gefäß völlig verstopft wird, etwa durch ein Blutgerinnsel. Dann erstickt das Muskelgewebe durch Sauerstoffnot.

Bei einem drohenden oder akuten Herzinfarkt können die Ärzten heute zwischen zwei Behandlungsmethoden wählen: Entweder sie legen einen Bypass um die Engstelle herum, oder sie dehnen die lädierte Ader mit einem Ballon. Möglicherweise gibt es bald eine neue, dritte Therapieform, die sich auch für die Behandlung von nicht operierbaren Gefäßverschlüssen eignet: der Einsatz von Wachstumsfaktoren.

Die ersten Versuche sind abgeschlossen: Forscher von den Universitäten Ulm, Freiburg und Fulda spritzten vor drei Jahren 20 Infarktpatienten, denen ein Bypass gelegt wurde, den Wachstumsfaktor FGF-I nahe den Verengungen ins Herz. Die Patienten einer gleich großen Kontrollgruppe erhielten ein unwirksames Präparat – ein Placebo. Drei Monate nach der Behandlung ging es den Patienten, die den aktiven Wachstumsfaktor erhalten hatten, deutlich besser als denen der Vergleichsgruppe: Innerhalb von nur zwei Wochen waren an ihren kranken Herzen spinnennetzartig neue Adern gewachsen. Jetzt, drei Jahre nach der Behandlung werden die darbenden Herzmuskeln immer noch gut mit Blut und Sauerstoff versorgt.

Was die Ärzte besonders überraschte: Die Bildung der Blutgefäße ließ sich durch die einmalige Gabe des Wachstumsfaktors auslösen, obwohl dieser im Körper innerhalb von Minuten zerstört wird. “Was bei der Neubildung von Blutgefäßen, der Angionese, molekular vor sich geht, ist völlig unklar”, sagt Bernd-Ulrich von Specht von der Chirurgischen Forschung der Universitätsklinik Freiburg, der an der Studie mitarbeitete.

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Doch die Angiogenese könnte nicht nur Leben retten. Auch tödliche Tumore wachsen nur dann, wenn sie gut mit Blut versorgt werden. Deshalb gibt es Bedenken, ob eine FGF-Behandlung schlummernde Krebsherde aktivieren könnte. “Unsere Tierversuche bestätigten diese Befürchtung allerdings nicht”, sagt von Specht.

Trotz der ermutigenden Ergebnisse warnt der Chirurg vor Euphorie. “Wir wissen noch nicht, ob die neugebildeten Gefäße ausreichen, um ohne zusätzliche Behandlung den Verschluß eines Blutgefäßes auszugleichen.”

Bei den Versuchen wurde gentechnisch hergestelltes, teures FGF-Protein verwendet. Billiger wäre es, wenn man nicht das Protein, sondern direkt dessen Bauanleitung, das FGF-Gen, in das Herz einschleusen könnte. Deshalb sieht von Specht die Zukunft der FGF-Behandlung in der Gentherapie. Seine Vision: “Mit einem FGF-Gen könnte man chronischen Gefäßverengungen, die Vorboten eines Infarktes, vorbeugen oder sie über einen längeren Zeitraum behandeln.”

Karin Hollricher

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