Immer wieder wenden sich Eltern verzweifelt an die Öffentlichkeit, um einen geeigneten Knochenmarkspender für ihr leukämiekrankes Kind zu finden. Möglicherweise sind solche dramatischen Appelle bald nicht mehr nötig. Denn amerikanische Mediziner erproben derzeit eine neue Behandlungsmethode, die den Spenderkreis erheblich erweitern würde.
In Deutschland müssen sich jedes Jahr 4000 Menschen einer Blutkrebsbehandlung unterziehen. Dabei wird ihr erkranktes Knochenmark zusammen mit den blutbildenden Stammzellen durch Bestrahlung oder Chemotherapie zerstört und durch das Knochenmark des Spenders ersetzt.
Da Knochenmarkzellen neben Blutkörperchen auch Immunzellen produzieren, verwenden Ärzte bislang nur Mark zur Übertragung, bei dem wichtige Immuneigenschaften von Spender und Empfänger übereinstimmen. Ansonsten würden die vom Spendermark neu gebildeten T-Lymphozyten – spezielle weiße Blutzellen – die Organe des Patienten als Fremdkörper interpretieren und zerstören.
„Es gibt Milliarden von T-Zellen in transplantiertem Knochenmark. Dabei ist aber nur eine von tausend verantwortlich für Organ- und Gewebeabstoßung“, sagt Dr. Eva Guinan. Zusammen mit ihren Kollegen vom Dana-Farber Krebszentrum der Harvard University hat die Ärztin eine Methode entwickelt, mit der sie gezielt jene T-Zellen im Spendermark matt setzen kann, die für die Gewebeabstoßung verantwortlich sind.
Vielen Leukämiekranken kann mit einer geeigneten Knochenmarkspende geholfen werden. Jetzt haben amerikanische Mediziner eine Behandlungsmethode entwickelt, die den Kreis der möglichen Spender vergrößert.
Zunutze machen sich die Mediziner dabei, daß sich auf der Oberfläche dieser Zellen bestimmte Moleküle – B7-Rezeptoren – befinden. Diese blockieren die Ärzte vor der Übertragung des Marks mit Hilfe von speziellen Antikörpern. Lymphozyten, die Krankheitserreger oder Krebszellen bekämpfen, besitzen dagegen keine B7-Rezeptoren und bleiben aktiv.
Das Ärzteteam behandelte zwölf Todkranke mit der neuen Methode. Bei keinem von ihnen kam es zu der üblichen Gewebeabstoßung aufgrund fehlender Übereinstimmung der Immuneigenschaften von Spender und Empfänger. Trotzdem starben sieben der Patienten, weil die Therapie für sie zu spät kam.
Holger Breithaupt