Im Auftrag der Justizministerkonferenz erprobt das Finanzgericht Karlsruhe in einem Pilotprojekt derzeit den Einsatz von Videokonferenzen im Gerichtssaal. Zu diesem Zweck wurde eine Anlage im Wert von 125000 Mark installiert. Ein Zentralrechner in Karlsruhe verbindet über drei ISDN-Leitungen das Finanzgericht Karlsruhe mit dem Finanzamt Heidelberg und der Steuerberaterkammer Nordbaden, ebenfalls in Heidelberg. “Wir erhoffen uns Kostenreduktion und Beschleunigung der Verfahren”, nennt Rolf-Christian Schiller, Pressesprecher des Justizministeriums Baden-Württemberg, die Ziele des Versuches. Die wesentlichen Vorteile der neuen Technik seien eine flexible Termingestaltung und der Wegfall von Anreisekosten. Jeder Prozeßbeteiligte, ob Angeklagter, Zeuge oder Rechtsanwalt, kann die neue Technik nutzen. Finanzverfahren habe man deshalb ausgewählt, weil die entsprechende Prozeßordnung den Pilotversuch ohne Änderung zulasse. Datenschutzrechtliche Bedenken – zum Beispiel wegen der Abhörgefahr – gibt es keine, da die Verhandlungen ohnehin öffentlich sind. Wenn sich das Verfahren bis Ende des Jahres bewährt, hoffen die Karlsruher auf entsprechende Gesetzesänderungen in anderen Bereichen.
Auf dem Weg ist bereits eine Regelung, die in Mißbrauchsfällen den Einsatz einer Videoübertragung erlaubt. Kinder, die als Zeugen vernommen werden müssen, können dann in einem separaten Raum von einem Richter oder Beisitzer befragt werden. Ihre Antworten werden in den Gerichtssaal übertragen. Damit wäre für die Kinder eine wesentliche Erleichterung geschaffen.
Sebastian Jutzi