In den USA, Israel oder Afrika können Studierende schon seit einigen Jahren an Online-Universitäten Wissen erwerben. Deutschland ist da bisher eher Entwicklungsland. Seit Bayerns Wissenschaftsminister Hans Zehetmair im Mai die virtuelle Hochschule Bayern ins Netz geschickt hat, steht zumindest im Freistaat die Tür zum virtuellen Hörsaal offen. Im Pilotbetrieb bietet die virtuelle Universität hauptsächlich Kurse in Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften, Medizin und Informatik an. Studierende dieser Fachrichtungen können am Unterricht teilnehmen, wann immer es in ihren Tagesablauf paßt und egal an welcher bayerischen Hochschule sie eingeschrieben sind: Alle Kurse sind zu jeder Tages- und Nachtzeit abrufbar – wer Fragen hat, wendet sich per E-Mail an seinen Betreuer. Doch Klausuren und Prüfungen muß jeder persönlich an der Hochschule ablegen. Ein Abschluß allein mit Kursen am Computer ist nicht möglich. Ein virtuelles Vollstudium – wie an der israelischen Bar-Ilan University – wird aber auch bei uns in ein paar Jahren wohl zugelassen sein. Bis jetzt werden die virtuell erbrachten Studienleistungen noch nicht einmal an allen bayerischen Hochschulen anerkannt – Kommissionen arbeiten zur Zeit an den Richtlinien. „Wir wollen die virtuelle Lehre gleichberechtigt neben der realen Lehre etablieren“, nennt Planungskoordinator Walter F. Kugemann von der Universität Erlangen-Nürnberg das Ziel des Projekts. Nach der Pilotphase will die virtuelle Universität zunächst ihr Angebot ausbauen und es gegen Gebühr auch Weiterbildungseinrichtungen zur Verfügung stellen. Konkurrenz brauchen die Bayern dabei nicht zu fürchten: Die Online-Projekte der anderen Bundesländer sind noch in Planung. In den USA ist das anders: Dort spezialisieren sich die zahlreichen Online-Unis bereits auf lukrative Zielgruppen.
Andreas Wawrzinek