Kerstin Treydte vom Forschungszentrum Jülich hat den globalen Klimawandel erstmals anhand von Jahresringen uralter Wacholderbäume in dem für das Weltklima bedeutenden nordpakistanischen Karakorumgebirge untersucht. Jahresringe geben Auskunft über die jährliche Zuwachsrate von Baumstämmen und speichern dadurch auch Informationen über die einstigen Niederschläge und Temperaturen. Die von Treydte untersuchten Bäume geben Zeugnis vom Klima im Karakorum bis in das Jahr 828 n. Chr. zurück – als der Mensch darauf noch wenig Einfluss hatte. Die Dendroklimatologin bestimmte die Menge der Kohlenstoff- und Sauerstoff-Isotope in der Zellulose der Ringe. Die Schwankungen in der Isotopenverteilung von Jahr zu Jahr spiegeln Zeiten mit trockener und warmer oder feuchter und kühler Witterung wieder.
Der Großraum Hochasien spielt als Heizfläche im Sommer und Kältepol im Winter im atmosphärischen Zirkulationssystem eine wichtige Rolle. Daher sind die Berichte der alten pakistanischen Wacholder nicht nur für die Region, in der sie wachsen, sondern auch für die weltweite Klimaentwicklung von Bedeutung.
Treydte fand mithilfe der Jahresringe heraus, dass die Temperaturen im Karakorumgebirge im frühen Mittelalter (um 900 bis 1000) um 0,5 Grad Celsius höher als heute lagen. In den folgenden Jahrhunderten nahmen sie mit kurzen Unterbrechungen ab. Das 19. Jahrhundert war in Nordpakistan das kälteste in den letzten 1200 Jahren (0,7 Grad Celsius kälter als heute). Seit etwa 1880 ist ein rascher Temperaturanstieg von insgesamt einem Grad Celsius feststellbar, allerdings waren die Temperaturen, die in den 1990er Jahren erreicht wurden, etwas niedriger als um 1000. „Insgesamt”, so folgert Treydte, „bewegt sich die aktuelle Erwärmung im Karakorum-Gebirge bis zum Ende der Messungen 1998 noch im Rahmen natürlicher Klimaschwankungen.” Historische Aufzeichnungen zeigen, dass es im 10. Jahrhundert auch bei uns in Europa eine ausgeprägte Warmphase gab. Damals wurde zum Beispiel im Süden Englands Wein angebaut.
Hans Groth