Hat das Pflügen ausgedient? Einige Landwirte im Nordosten Deutschlands zumindest verzichten lieber auf diese „wichtigste Art der Bodenbearbeitung“ – so die aktuelle Brockhaus-Enzyklopädie. Sie vertrauen dabei neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen über wirksame Maßnahmen gegen die gefährlich fortschreitende Bodenerosion.
Pro Jahr gehen weltweit rund zehn Millionen Hektar fruchtbaren Ackerlands verloren – das meiste in den armen Regionen der Erde. Eine Ursache ist falsche Landnutzung, die der Wasser- und Winderosion Vorschub leistet. Doch auch von deutschen Äckern erodieren je nach Lage bis zu zehn Tonnen pro Hektar und Jahr.
Von den Böden Brandenburgs und Mecklenburg-Vorpommerns ist knapp ein Viertel in ihrer Funktion als Wasserspeicher, Lebensraum und Produktionsfaktor gefährdet – mehr als sonstwo in Deutschland. Dort gibt es sanfte, aber ausgedehnte Hänge, von denen bei kräftigen Niederschlägen die Krume gespült wird. Humus samt Nährstoffen landet irgendwo am Ende des Hanges, oft auch in Seen und Gräben. Viele Böden haben daher nur eine dünne Humusauflage von weniger als 30 Zentimetern.
Wie unter solchen Bedingungen das Land optimal genutzt wird, untersuchen zur Zeit Forscher des Zentrums für Agrarlandschafts- und Landnutzungsforschung (ZALF) in Müncheberg bei Berlin. Ihre einfache Erkenntnis: Wenn der Boden nicht nur im Sommer, sondern während des ganzen Jahres bewachsen ist, kann er nicht abgetragen werden.
Schutz im Winterhalbjahr bieten vor allem Stoppelfrüchte, Winterzwischenfrüchte und Untersaaten. In Brandenburg haben sich besonders Bienenweide (Phacelia) und Senf bewährt.
Im Frühjahr ist der Anbau von Zukkerrüben oder Mais sinnvoll. Erntereste sollten stehenbleiben, wenn neu gesät wird.
Weil der Boden bei diesem konservierenden Landbau zu keinem Zeitpunkt unbewachsen ist, kann nicht mehr gepflügt werden.
„Eine Scholle muß nicht in jedem Jahr und bei jeder Frucht umgebrochen werden“, sagt Monika Frielinghaus, Professorin für Bodenkunde am ZALF. Oft reiche es, den Boden aufzulokkern.
60 Prozent aller US-amerikanischen und kanadischen Farmer arbeiten ohne Pflug. Die ZALF-Forscher konnten auf den Versuchsfeldern nachweisen, daß so auch auf deutschen Böden Erosion verhindert werden kann. Die Bilanzen von Betrieben wie Golzow im Oderbruch oder Kassow in Mecklenburg zeigen, daß die konservierende Bodenbearbeitung nicht nur bodenschonend, sondern auch die wirtschaftlichere Art des Ackerbaus ist.
Allerdings sind oft teure Spezialmaschinen nötig, die sich nur für große Betriebe lohnen. Außerdem müssen die Bauern ihre Gewohnheiten sehr umstellen. Unkraut beispielsweise sollte nach Meinung der Wissenschaftler nicht vorbeugend bekämpft, sondern so weit wie möglich toleriert werden.
Regine Halentz