Was haben Berge, Kuchenteig und Unterhosen gemeinsam? Antwort: Sie knittern. Wissenschaftlich hat sich jetzt Lakshminarayanan Mahadevan vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge, USA, mit dem Phänomen beschäftigt. In seiner Veröffentlichung zitiert Mahadevan einen berühmten Vorgänger: Schon Leonardo da Vinci hatte für seine Bilder den Faltenwurf von Gewändern bis ins Detail studiert. Knittern können nur dünne Schichten – zum Beispiel ein Blatt Papier oder die Erdkruste, die letztlich nichts anderes ist als eine dünne Haut auf einem glühend heißen Pudding. Knüllt man ein Blatt Papier vorsichtig zusammen, legt es sich zuerst in Falten, die wieder verschwinden, wenn der Druck nachläßt. Drückt man weiter, so daß das Volumen noch mehr schrumpft, hält das gebogene Papier der Kraft nicht mehr stand, und die aufgestaute Energie entlädt sich schlagartig – ein Knick entsteht. Die Energiestöße machen sich akustisch durch ein Knistern bemerkbar. Dabei ist die Stärke des Geräuschs ein Anhaltspunkt dafür, wie der Knittervorgang fortschreitet. Mahadevan hat durch Rechnungen und Versuche mit Plastikfolien herausgefunden, daß es neben dem klassischen Knick, bei dem sich das Papier entlang einer Linie biegt, noch eine zweite, viel wichtigere Verformung gibt: den punktförmigen Knick, in dem die Energie extrem verdichtet ist. Das läßt sich leicht veranschaulichen: Wenn man ein Blatt Papier über eine Schüssel legt und mit einem spitzen Gegenstand in die Mitte drückt, legt sich das Blatt am Rand der Schüssel in Falten, und es entsteht ein gewellter Kegel, ähnlich einem zu großen Kaffeefilter. „Das ist ein sehr universelles Prinzip“, erklärt Mahadevan. Auch ein länglicher Knick sei letztlich nichts anderes als zwei verbundene punktförmige Knikke. Das gelte für alle dünnen Schichten – für die Erdkruste ebenso wie für Papier. Das ist auch der Clou von Mahadevans Entdeckung: Wer weiß, wie Papier knittert, kann auch erklären, wie Gipfel und Bergrücken im Gebirge entstehen. Sogar im Mikrokosmos gibt es Anwendungen: So könnten Mahadevans Arbeiten erklären helfen, wie sich bei bestimmten Krankheiten die Delle in den roten Blutkörperchen verändert.
Bernd Müller