Gegen chronische Gelenkschmerzen, Rheuma und Arthrose werden meist „nicht-steroidale Antirheumatika“ (NSAR) verschrieben. Zu ihnen zählen die Wirkstoffe bekannter Schmerz-Killer wie Acetylsalicylsäure (ASS), Diclofenac oder Ibuprofen. Trotz vollkommen unterschiedlicher Struktur haben sie eine gemeinsame Wirkung: Sie hemmen Schmerzen und Entzündungen. Doch der Preis, den die Patienten zahlen, ist oft hoch: Die bisher erhältlichen NSAR schädigen allesamt die Magenschleimhaut und die Funktion der Nieren. Damit könnte jetzt Schluß sein: Noch für diesen Herbst rechnet die amerikanische Pharma-Firma Pfizer damit, daß ihr nebenwirkungsarmes NSAR „Celecoxib“ auch in Deutschland zugelassen wird.
NSAR hemmen die Synthese von Prostaglandinen. Diese hormonähnlichen Stoffe werden bei Gewebeschädigungen verstärkt freigesetzt und machen die Schmerzrezeptoren empfindlicher. An ihrer Bildung ist das in der Zellmembran verankerte Enzym Cyclooxigenase (COX) beteiligt. Und genau hier liegt der Angriffspunkt der Schmerzmittel: Sie blockieren das Enzym und damit die Bildung der Prostaglandine. Andererseits aber sind Prostaglandine nötig, um die Schleimproduktion zum Schutz der Magenwand anzukurbeln oder die Durchblutung der Nieren zu regulieren. Das erklärt die Nebenwirkungen der NSAR. Heute weiß man, daß es verschiedene COX-Enzyme gibt. In entzündetem und verletztem Gewebe ist vor allem das sogenannte COX-2 aktiv. COX-1 übernimmt die Produktion der Prostaglandine, die für die normalen Körperfunktionen notwendig sind. Anfang der neunziger Jahre gelang es, die Gene der beiden Enzyme zu klonieren – die Voraussetzung, um sie in größeren Mengen rein herzustellen und ihre Struktur aufzuklären.
Dabei zeigten sich deutliche Unterschiede in den aktiven Regionen von COX-2 und COX-1: Der Zugang zum aktiven Zentrum ist bei COX-2 wesentlich breiter als bei COX-1. Die Suche nach Wirkstoffen, die zwar COX-2 hemmen, COX-1 jedoch nicht bremsen, konnte beginnen.
Als erste wurden die Wissenschaftler des US-Pharmaunternehmens Searle fündig. Sie entwickelten den hochselektiven COX-2-Hemmer Celcoxib. In den USA ist er seit Dezember 1998 zugelassen. Branchenkenner sagen Celebrex – so der Handelsname – einen größeren wirtschaftlichen Erfolg voraus als dem Potenzförderer Viagra. Das verschreibungspflichtige Präparat wird vor allem bei Rheuma und Arthrose eingesetzt, hat sich aber auch als Schmerzmittel bei zahnchirurgischen Eingriffen bewährt. Celebrex hemmt COX-2 bis 400fach stärker als COX-1. Die gefürchteten Nebenwirkungen der herkömmlichen NSAR wurden bislang nicht beobachtet.
Das Anwendungsspektrum der COX-2-Hemmer könnte sich in Zukunft noch verbreitern: Es gibt Hinweise, daß eine Blockade dieses Enzyms auch vor Darmkrebs schützt. Gegen den umgangssprachlichen Namen „Super-Aspirin“ für das neue Medikament hat sich inzwischen der Pfizer-Konkurrent und Aspirin-Hersteller Bayer verwahrt.
Medinfo Medien
Bücher
Gabriele Brieden Rheuma – Lernen mit der Krankheit gut zu leben Springer, Berlin 1999 DM 36,-
Manfred A. Ullrich Neue Schmerztherapien bei Rheuma, Gelenkschmerzen und Rückenschmerzen Jopp, Wiesbaden 1999 DM 29,80
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Rheumagymnastik Falken, Niedernhausen 1997, DM 49,95
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Internet www.celebrex.com www.arznei-telegramm.de www.rheuma-online.de www.rheumazentrum-heidelberg.de
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Ulrich Fricke