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Risiko Weltraumwetter

Allgemein

Risiko Weltraumwetter
Überraschungen sind bei den Wettervorgängen im erdnahen Weltraum an der Tagesordnung.

Der US-Physiker James Van Allen, ein Wegbereiter der Weltraumforschung, nutzte schon 1946 als junger Wissenschaftler die in Deutschland erbeuteten V2-Raketen, um die irdische Hochatmosphäre zu erkunden. Später startete er kleinere Raketen von Höhenballons aus. Als 1958 die USA, schockiert vom Erfolg des sowjetischen Sputnik, ihre Explorer-Satelliten ins All schossen, war Van Allens Messinstrument für die Kosmische Strahlung mit an Bord. So gelang die erste Entdeckung des Raumfahrtzeitalters: der Van-Allen-Strahlungsgürtel.

Jeder Astronaut, der sich in Richtung Mond oder Sonne aufmacht, muss dort hindurch – und riskiert wegen der hohen Strahlenbelastung seine Gesundheit. Auch die Funktionsfähigkeit von Satelliten ist dort gefährdet, denn geladene Teilchen mit hoher Energie drohen Kurzschlüsse in den Schaltkreisen auszulösen. Eigentlich besteht der Van- Allen-Gürtel aus zwei Gebilden, die wie Reifen die Erde umgeben. Geladene Partikel sind darin magnetisch gefangen. Im inneren Gürtel, der einige Tausend Kilometer weit ins All reicht, schwirren hauptsächlich Protonen und Elektronen herum. Der äußere Gürtel erstreckt sich etwa fünf Erdradien weit ins All, dort sind hauptsächlich sehr schnelle Elektronen unterwegs. Beide Gürtel trennt eine Lücke. Seit Langem ist bekannt, dass der äußere Gürtel stark vom Sonnenwind beeinflusst wird. Seine Intensität kann deshalb innerhalb weniger Stunden schwanken.

die Gürtel-sPÄHER

Doch die Struktur des Gürtels kann durch den Einfluss der Sonne durcheinander geraten. Nachgewiesen hat das ein Forscherteam um Daniel Baker von der University of Colorado. Es schilderte im vergangenen Februar im Fachmagazin Science die ersten Resultate zweier neuer NASA-Satelliten, der Van-Allen-Gürtel-Sonden. Die beiden Späher identischer Bauart umrunden die Erde seit dem Sommer 2012 auf langgestreckten Ellipsen und entfernen sich dabei fast sechs Erdradien weit von der Erde. Regelmäßig durchfliegen sie also die gefährliche Strahlungszone.

Ziel der Mission ist ein besseres Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Sonnenwind und Strahlungsgürtel. „Wir haben den Funkempfänger fast wie einen Panzer geschützt“, sagt NASA-Experte Dipak Srinivasan. Er meint damit die dickwandige Strahlenabschirmung.

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Kaum waren die Instrumente der Sonden aktiviert, stießen sie auf Erstaunliches: einen vorübergehenden dritten Strahlungsgürtel. Die Ursache war eine starke Schockwelle des Sonnenwinds, die den äußeren der beiden bekann- ten Strahlungsgürtel zusammengedrückt hatte. Dort bildete sich eine Zone hoher Elektronendichte aus. Gleichzeitig entstand weiter außen der dritte Strahlungsgürtel mit geringerer Elektronendichte.

Zur großen Überraschung der Forscher hielt sich diese Dreier-Struktur rund vier Wochen lang – bis Anfang Oktober 2012. Dann fegte eine weitere solare Schockwelle innerhalb weniger Stunden den dritten Gürtel weg. Seitdem gilt wieder die seit einem halben Jahrhundert bekannte Ordnung.

Der Van-Allen-Gürtel ist Teil der „Wettervorgänge“ im erdnahen Weltraum. Die neuen Resultate illustrieren, wie wenig die Forscher bislang über dieses Weltraumwetter wissen. „Theoretisch kann fast jederzeit ein Supersturm auftreten“, sagt Weltraumwetter-Experte Volker Bothmer von der Universität Göttingen. Das ist sogar im Minimum des elfjährigen Sonnenfleckenzyklus möglich, wenn die Sonne angeblich „ruhig“ ist (siehe Kasten S. 48, „Der Elfer-Zyklus der Sonne“). So fällt einer der zehn stärksten geomagnetischen Stürme in den Februar 1986 – und damit ins solare Aktivitätsminimum.

Die Sonnenfleckenzyklen sind zwar unterschiedlich heftig. Doch die Stärke eines einzelnen Sturms ist nicht von der Stärke des jeweiligen Zyklus abhängig. „Der heftigste Sturm, der je beobachtet wurde, ereignete sich 1859″, weiß Bothmer. Damals sichteten britische Astronomen mit ihren Teleskopen ungewöhnliche Leuchterscheinungen auf der Sonne.

BLITZE BEI DEN SONNENFLECKEN

Die hellen Lichtblitze, die im Abstand von einigen Minuten aufzuckten, kamen aus der Nähe einer großen Sonnenfleckenzone. Rund 18 Stunden später verzeichneten Chronisten auf der Erde ein „ magnetisches Gewitter“. Telegrafenverbindungen wurden gestört, und an vielen Orten sahen Menschen Polarlichter, die so hell waren, dass sie nachts noch Zeitung lesen konnten – so berichtete damals die New York Times.

„Zu Superstürmen kommt es am häufigsten etwa drei Jahre nach dem eigentlichen Maximum“, sagt Bothmer. „Beim aktuellen Zyklus wird das Maximum in diesem oder im nächsten Jahr erwartet. Demnach stünde die nächste Sturmsaison 2015 bis 2017 ins Haus.“ Ob wieder Satelliten beschädigt werden, wie 2003 der japanische ADEOS II, oder gar die Stromversorgung für Millionen Menschen zusammenbricht, wie 1989 in der kanadischen Provinz Quebec – das kann niemand voraussagen. b

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