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Rush-hour am Meeresgrund

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Rush-hour am Meeresgrund
Der explodierende Kommunikationsmarkt erfordert neue Tiefseekabel: Das Internet wird leistungsfähiger, Telefonieren billiger und komfortabler – neue Glasfasersysteme in den Tiefen der Ozeane bescheren den Nutzern der Telekommunikationsnetze eine Vielzahl von Vorteilen. Infos im Internet Teledesic: http://www.teledesic.com/index.html Sat-Kommunikation im Überblick: http://www.ee.surrey.ac.uk/Personal/L.Wood/constellations/overview.html#data

Sie sind kaum dicker als ein menschliches Haar, wirken zerbrechlich und wenig spektakulär. Doch ohne die feinen Fasern aus hochreinem Quarzglas ließe sich der wachsende Hunger der Menschheit nach Kommunikation kaum stillen. Lichtwellenleiter, wie die Glasfasern im Fachjargon heißen, bilden das Rückgrat der weltumspannenden Telekommunikations-Netze. Wie Pulsadern unserer modernen Zivilisation überziehen sie den Globus, verbinden über die Weltmeere hinweg Staaten und Kontinente.

Noch vor einem Jahrzehnt spielten Seekabel in vielen Regionen der Erde nur eine Statistenrolle. Satelliten waren die großen Stars des anbrechenden Informations-Zeitalters. Seit Mitte der siebziger Jahre ruhten fast alle Hoffnungen der Nachrichtentechnik-Experten auf den künstlichen Erdtrabanten. Während der letzten Jahre aber – nach dem Übergang von Kupfer zu Glasfaser als Übertragungsmedium – haben Unterwasser-Kabelsysteme rasch aufgeholt und die Satelliten als wichtigste Träger der weltweiten Kommunikationsflut überflügelt. So liefen 1992 noch 40 Prozent der Verbindungen von Europa in die USA über Satelliten.

Heute nimmt nicht einmal mehr jede siebte Verbindung den Umweg über das All. Einen ähnlichen Trend kann man zwischen Europa und Japan beobachten: Rund 60 Prozent des Datenverkehrs nach Fernost werden inzwischen via Glasfaser abgewickelt – dreimal soviel wie vor fünf Jahren.

Der größte Nachteil der Satelliten ist ihre geringe Übertragungskapazität: Moderne Glasfaserkabel übertreffen sie um ein Vielfaches. Aber auch die längere Laufzeit bereitet Probleme. So benötigt ein Telefonsignal, um eine 10000 Kilometer lange Glasfaserstrecke zurückzulegen, rund drei hundertstel Sekunden. Wird dasselbe Signal per Funk über einen Satelliten zum Empfänger geschickt, ist es mehr als siebenmal so lange unterwegs. Bei einem Telefongespräch kann die Verständlichkeit erheblich unter der Zeitverzögerung leiden.

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Trotzdem, so schätzt Prof. Klaus Jobmann vom Institut für Allgemeine Nachrichtentechnik der Universität Hannover, werden Satellitensysteme auch in Zukunft eine bedeutende Rolle spielen. Ihr Einsatz wird sich aber wohl weitgehend auf die Übertragung von Satelliten-TV-Programmen sowie auf den Mobilfunk und andere Dienste beschränken, die auf eine Funkverbindung angewiesen sind. „Bei allen nicht mobilen Diensten geht der Trend eindeutig zurück zum Kabel“, betont der Nachrichtentechnik-Experte Jobmann.

Die ersten Kabelschiffe liefen Mitte des vergangenen Jahrhunderts auf die Meere aus. 1867 verband erstmals ein Unterwasser-Kupferkabel England mit der Ostküste der Vereinigten Staaten. Es diente, genau wie die nachfolgenden Seekabel-Generationen, ausschließlich dem Telegrafenverkehr. Das erste transatlantische Telefonkabel „TAT-1“ ging erst 1956 in Betrieb. Es konnte 36 Gespräche gleichzeitig übertragen. 1988 begann im Atlantik mit dem Seekabel „TAT-8“ eine neue Ära der Telekommunikation: Zum ersten Mal zog sich ein Kabel mit einem Bündel von Glasfasersträngen zwischen zwei Erdteilen über den Meeresgrund. Die elektrische Übertragung wich einem optischen Verfahren, bei dem die Informationen als kurze Lichtblitze verschlüsselt auf den Weg durch die gläserne Faser geschickt werden.

Mit den Glasfasern hielt auch die digitale Technik in den Seekabeln Einzug. Bits von „Nullen“ und „Einsen“ ersetzten die bis dahin übliche analoge Form der Übertragung – und verbesserten Qualität und Zuverlässigkeit der Verbindungen enorm. Die Kapazität wuchs sprunghaft: Mit 8000 gleichzeitigen Telefonge-sprächen verdoppelte „TAT-8“ auf einen Schlag die Zahl der möglichen Verbindungen über alle vorherigen Transatlantik-Kabel. „Mit jedem neuen Seekabel hat sich seitdem die Gesamtkapazität erneut verdoppelt“, berichtet Klaus Jobmann. Kabelsysteme der neuen Generation, wie das knapp zwei Jahre alte Transatlantik-Kabel „TAT-12/13“ oder das Seekabel „TPC-5“ im Pazifik, können mehr als 100000 Gespräche gleichzeitig übertragen. Die Lichtblitze rasen auf diesen Daten-Autobahnen mit 2,5 Gigabit – also 2,5 Milliarden Informations-Einheiten – pro Sekunde durch die Glasfaser. Neben Telefongesprächen übertragen sie mühelos Farbbilder, Videofilme und Rechnerdaten. Die technischen Bausteine für Systeme mit einer Übertragungsrate von 10 Gigabit pro Sekunde warten bereits auf ihren Einsatz in der Praxis. „Die Tendenz ist, in einigen Jahren 160 Gigabit pro Sekunde und Übertragungskanal zu erreichen“, sagt Klaus Jobmann. Entscheidend hierfür ist die Weiterentwicklung von Sendern, Empfängern und Übertragungstechniken. Den bisherigen Weltrekord meldeten Ende 1996 Forscher des japanischen Elektronik-Riesen Fujitsu: Über eine im Labor aufgewickelte Glasfaserstrecke von 150 Kilometer Länge jagten sie in jeder Sekunde mehr als 1000 Gigabit an Daten – genug, um 16 Millionen Telefongespräche zu übermitteln. Dazu nutzten die japanischen Ingenieure gleichzeitig 55 Übertragungskanäle mit jeweils unterschiedlicher Übertragungsfrequenz – jeder Kanal mit einer Datenrate von 20 Gigabit pro Sekunde.

Noch deutlich höhere Datenraten lassen sich durch die Verwendung von Sendelasern erreichen, die extrem kurze Lichtimpulse aussenden und so in sehr rascher Folge einzelne Datenbits in die Glasfaser einspeisen können.

Das Problem hierbei: Je kürzer ein Laserblitz aufleuchtet, desto mehr verschiedene Frequenzen sind in dem ausgesandten Licht enthalten. Lichtanteile mit unterschiedlicher Frequenz durchlaufen die Glasfaser jedoch mit etwas unterschiedlicher Geschwindigkeit. Physiker sprechen dabei von der Dispersion des Glases: Ein Lichtimpuls „zerfließt“ auf seinem Weg durch ein langes Glasfaserkabel allmählich, einzelne Datenbits können sich vermischen und durcheinander geraten. Sehr kurze Lichtimpulse zerfließen besonders schnell, weshalb sich die in dem Licht verschlüsselten Informationen bei sehr hohen Übertragungsraten nur über kurze Distanzen übermitteln lassen.

Für Abhilfe könnten in Zukunft sogenannte Solitonen sorgen – Lichtimpulse mit einer bestimmten Form und Intensität, die sich selbst über lange Strecken nicht verändern. Sie ermöglichen es den Nachrichtentechnikern, eine weitere Eigenschaft des Glases, nämlich dessen „Nichtlinearität“, auszunutzen. Diese wirkt dem Dispersions-Effekt genau entgegen und staucht die optischen Signale. Bei einer geschickten Einstellung der Übertragungsgrößen kompensieren sich beide Effekte gegenseitig und die Form der Lichtimpulse bleibt stabil.

Solitonen scheinen daher die ideale Technik für die digitale Datenübertragung via Glasfaser zu sein. „Aus der Theorie heraus ist nichts Besseres denkbar“, sagt Klaus Grobe, Experte für Glasfaser-Technologie am Institut für Allgemeine Nachrichtentechnik der Universität Hannover.

Bisher allerdings ist die Soliton-Technik ausschließlich Spielball von Wissenschaftlern und Ingenieuren in verschiedenen Forschungsinstituten. Vor allem in Japan und in den USA wird an ihrer Entwicklung gearbeitet. Was den Sprung dieser Technik in die praktische Anwendung betrifft, ist Klaus Grobe optimistisch. „Auf Langstrecken-Verbindungen wird die Soliton-Technik schon innerhalb der nächsten fünf Jahre zum Einsatz kommen.“

Satelliten können sich mit den Leistungsdaten solcher Glasfasersysteme nicht mehr messen. Ihre Kapazität ist durch die Zahl der verfügbaren Funkfrequenzen begrenzt und läßt sich auch durch technische Kniffe nicht erhöhen. Zusätzliche Satelliten im All zu positionieren, ist extrem teuer.

Einfacher ist es, ein zusätzliches Kabel zu ziehen, um so die Kapazität auf einer Strecke zu vergrößern. Prof. Ralf Lehnert vom Institut für Telekommunikation der Technischen Universität Dresden erklärt, daß mit Hilfe neuartiger Übertragungstechniken die Leistungsfähigkeit einer Glasfaser sogar nachträglich um ein Vielfaches gesteigert werden kann.

Die Voraussetzung dafür haben optische Verstärker geschaffen, die seit wenigen Jahren eingesetzt werden. Sie bestehen aus einem Stück gewöhnlicher Glasfaser, die mit Ionen des Seltenerdmetalls Erbium dotiert ist. Licht, das die Verstärkerstrecke durchläuft, wird von den Ionen für einen winzigen Bruchteil einer Sekunde aufgefangen und anschließend – verstärkt – wieder abgestrahlt. Ein in das Kabel integrierter winziger Halbleiter-Laser „pumpt“ die Erbium-Ionen in ein höheres Energieniveau, aus dem sie durch den Kontakt mit den optischen Signalen wieder zurückfallen. Dabei geben die Ionen zusätzliches Licht ab, das die Verstärkung bewirkt.

„Die Einführung der optischen Verstärker markiert die größte Revolution auf dem Gebiet der optischen Übertragungstechnik“, sagt Glasfaser-Experte Klaus Grobe. Denn diese Technik gestattet eine durchgehend optische Übertragung der Daten über die gesamte Kabelstrecke zwischen dem Sendelaser und der Empfangseinheit. Vor ihrer Einführung waren elektro-optische „Repeater“ bei Seekabeln unverzichtbar. In Abständen von etwa 100 Kilometern entlang der Glasfaser aufgereiht, verwandelten sie das Licht in elektrischen Strom, verstärkten ihn und formten daraus wieder die ursprünglichen Lichtimpulse.

Optische Verstärker ermöglichen eine Übertragungs-Bandbreite „weit jenseits von allem, was man bisher elektrisch aufbauen konnte“, erklärt Grobe. Und sie senken die Herstellungskosten der Seekabel, denn für elektro-optische Verstärker mußten pro Stück zwei bis drei Millionen Mark einkalkuliert werden. Auf einer mehrere tausend Kilometer langen Strecke mit bis zu hundert Repeatern addierten sich allein diese Kosten rasch zu einer stattlichen Summe von einigen hundert Millionen Mark.

Optische Verstärker kosten weniger als ein Zehntel der herkömmlichen Repeater. Der entscheidende Pluspunkt aber ist die Möglichkeit, rein optisch verstärkte Kabel auch Jahre nach ihrer Verlegung noch aufzurüsten.

„Da die Verstärker unabhängig von der Wellenlänge des Lichts arbeiten, kann eine Glasfaserstrecke problemlos um zahlreiche Kanäle ergänzt werden“, sagt Klaus Grobe. „Neue Kabel werden zunächst auf eine oder wenige Wellenlängen ausgelegt. Erst später, wenn die Kapazität nicht mehr reicht, werden weitere Sendelaser an die Glasfaser angekoppelt.“ Jeder Laser sendet infrarotes Licht mit einer etwas unterschiedlichen Wellenlänge oder „Farbe“ aus, die jeweils einem separaten Kanal auf derselben Glasfaser entspricht.

Auf kürzeren Strecken hat sich die Technik des „Wavelength Division Multiplexing“ bereits bewährt. Die ersten Seekabel, die diese Technik auch über weite Distanzen hinweg nutzen werden, sind in einigen Monaten einsatzbereiZu ihnen zählt das rund 38000 Kilometer lange Kabelsystem „SEA-ME-WE-3“, das ab Ende 1998 die ostfriesische Stadt Norden mit Perth in Westaustralien verbinden soll.

Das Kabel wird durch das Mittelmeer und das Rote Meer, vorbei an Indien und Indonesien zum australischen Kontinent geführt. Zwei Nebenrouten zweigen nach Japan und Korea ab. Insgesamt werden 34 Staaten an das Kabel angeschlossen. Die Kosten der Verlegung von rund zwei Milliarden Mark teilen sich 92 Telekommunikations-Unternehmen aus aller Welt.

Das Glasfaser-Seekabel wird 300000 Telefonate parallel übertragen können. „Atlantis-2“ – ein 12000 Kilometer langes Kabelsystem und zugleich die erste digitale Verbindung von Europa nach Südamerika – wird Lissabon mit Las Toninas in Argentinien verbinden und vermutlich ebenfalls noch vor dem Jahr 2000 in Betrieb gehen. Seine Kapazität: 120000 Telefonate.

An beiden Projekten ist neben vielen anderen Gesellschaften auch die Deutsche Telekom beteiligt. Das Unternehmen baut damit seine Beteiligung an den weltweiten Seekabelnetzen kräftig weiter aus. Schon heute ist der ehemalige Monopolist Miteigentümer von Seekabelsystemen mit einer Gesamtlänge von 285000 Kilometern. Wie Gerd Tenzer, Telekom-Vorstand für Technik und Netze, berichtet, sind insgesamt rund 115000 Kilometer neue Seekabel fest eingeplant.

Der derzeitige Kabelboom ist eine Folge der enorm gewachsenen Anforderungen. „Noch vor einem Jahr schrieb ein deutsches Wirtschaftsmagazin, daß im Seekabelgeschäft eine zehnfache Überkapazität in Richtung USA bestehe. Nur wenige Monate später waren die bestehenden Kapazitäten über den Nordatlantik überbucht und auch bei den Pazifikverbindungen traten Engpässe auf“, berichtete Tenzer im März auf der Computermesse CeBit in Hannover.

Ursache seien vor allem die internationale Vernetzung vieler Unternehmen und der explosionsartig anschwellende Datenstrom über das Internet.

Bei der Telekom geht man davon aus, daß der Anteil dieses sogenannten Non-Voice-Verkehrs in den kommenden fünf Jahren von heute 30 auf etwa 85 Prozent steigen wird.

Daß sich die stürmischen Zeiten der Telekommunikation auch bei den Endverbrauchern bemerkbar machen werden, ist für Klaus Jobmann nur eine Frage der Zeit. Er ist überzeugt, daß sich die anstehende Liberalisierung des europäischen Telekommunikations-Marktes und der Einsatz neuer Techniken indirekt auch auf die Telefongebühren auswirken werden. Denn während sich die Kapazitäten der Glasfasersysteme fast jährlich verdoppeln, sind die Kosten für die Verlegung der Kabel seit Jahren stabil. Der Preis einer einzelnen Fernverbindung rutscht deshalb in den Keller.

„Letztlich müssen die gesunkenen Preise an die Endverbraucher weitergegeben werden“, sagt Jobmann. Schon jetzt seien die Telekommunikations-Gebühren in Amerika sehr viel niedriger als in Europa. So verlangen zum Beispiel amerikanische Netzbetreiber für eine Verbindung mit 64 Kilobit pro Sekunde von Ontario in Kanada nach San Francisco in Kalifornien 15 Cent pro Minute. Für eine vergleichbare Verbindung von Oslo nach Lissabon wird hingegen das Sechsfache berechnet. „Die Deregulierung wird zu mehr Wettbewerb und damit zum Bröckeln der Gebühren in Europa führen“, prophezeit der Nachrichtentechnik-Experte.

Himmlisches Netz Glasfaserkabel sind die Rennstrecken des Info-Zeitalters: Auf ihnen lassen sich riesige Datenmengen und Zigtausende Telefongespräche lichtschnell übermitteln. Ihr Manko: Sie verbinden hauptsächlich die Ballungszentren der Industrienationen – Entwicklungsländer und abgelegene Regionen der Erde besitzen keine Auffahrt zum Datenhighway und können sich Glasfaserkabel nicht leisten. Das könnte sich in fünf Jahren ändern: Dann soll ein Netz aus 288 Satelliten den Globus einhüllen, und Amazonas-Indianern oder Eskimos Zugang zum Wissen der Welt verschaffen. Das sieht der Plan vor, den die Firma Teledesic in Kirkland, Washington, ausgebrütet hat. Dahinter stehen zwei der einflußreichsten Männer der Wirtschaftswelt: Microsoftchef Bill Gates und Craig McCaw, ehemals Inhaber des größten Mobilfunknetzes in den USA.

Das Satellitengeflecht ist so dicht, daß jede Person, egal wo sie sich befindet, immer einen oder mehrere Satelliten am Himmel „sieht“. Auch wenn Gates und McCaw immer wieder den Nutzen für die Länder der Dritten Welt und das Bild eines besseren Planeten beschwören – finanzieren läßt sich das neun Milliarden Dollar teure Projekt nicht durch Schäfer in Tibet, sondern nur durch Kunden aus den Industrieländern. So hat Teledesic Firmen im Visier, die übers All große Datenmengen mit ihren Filialen in aller Welt austauschen, oder Fernsehsender, die komplette Filme in Echtzeit überspielen.

Die Übertragungskapazität der Satellitenverbindung soll einer Glasfaser nicht nachstehen. Die Kunden können je nach Bedarf Bandbreiten bis zu 28 Megabit pro Sekunde buchen – tausendmal schneller als ein herkömmliches Modem und ausreichend, um mehrere Videofilme in TV-Qualität parallel zu übertragen. Insgesamt verkraftet das Netz eine Million Verbindungen à zwei Megabit pro Sekunde.

Das Netz basiert auf dem LEO-Konzept (Low Earth Orbiters). LEO-Satelliten sind leicht und billig – und fliegen so niedrig, daß die Laufzeit der Signale ins All und wieder zurück keine Rolle spielt. Verzögerungen und Echos gehören damit der Vergangenheit an. Dafür stehen LEOs nicht immer am selben Punkt über dem Äquator wie geostationäre Satelliten, sondern rasen mit 25000 Kilometer pro Stunde über den Polen um den Globus.

Um trotz ständig wechselnder Satellitenkonstellation immer Kontakt ins All zu halten, benötigen die künftigen Kunden von Teledesic raffinierte Antennen, die die Satelliten beim Überflug verfolgen, ohne sich selbst zu bewegen.

Einmal um die ganze Welt – und das in 90 Minuten. Die 288 Teledesic-Satelliten sollen ab 2002 selbst den hintersten Winkel des Globus an den Daten-highway anschließen.

Ein ausgeklügeltes System stellt zudem sicher, daß die Relaisstationen im Orbit die Daten untereinander weiterreichen. Dazu werden die digitalen Informationen vom ersten Satelliten in der Kette auf einen Laserstrahl „gepackt“ und über Tausende Kilometer zentimetergenau zu einem Nachbarn geleitet. Das soll selbst dann noch funktionieren, wenn einer oder mehrere Satelliten ausfallen – eine Technik, die bisher noch niemand im All demonstriert hat.

Ob das ehrgeizige Projekt wie geplant realisiert wird, hängt unter anderem davon ab, ob Teledesic genügend Raketenstarts buchen kann. Ab dem Jahr 2000 brauchte die Firma so viele Transfers in den Orbit wie alle anderen kommerziellen Satelliten- Betreiber zusammen.

Durch den Einstieg von Boeing, das ukrainische Raketen von einer umgebauten Ölbohrplattform starten will (bild der wissenschaft 6/1997, „Countdown auf See“), stehen die Chancen nicht schlecht, die Fracht termingerecht ins All zu hieven – zumal große Raketen wie die Ariane-V gleich mehrere der relativ leichten LEO-Satelliten transportieren können. Von den gewünschten Frequenzen, um die sich zahlreiche Wettbewerber rangeln, konnte sich Teledesic bereits seinen Anteil sichern.

Ähnliche Satelliten- Konstellationen planen auch andere Firmen – allen voran Iridium, ein Konsortium aus 20 Firmen der Raumfahrt- und Telekommunikationsbranche. Die 66 Satelliten erreichen zwar nicht das Teledesic-Tempo, gewährleisten dafür aber weltweite Erreichbarkeit über das Satelliten-Handy mit einer Nummer. Wenn alle Starts reibungslos verlaufen, können die Kunden der deutschen E-plus- und D2-Mobilfunknetze ab September 1998 weltweit telefonieren. Der Kunde hat dann nur noch ein Handy, das alle Netz-Standards versteht. Iridium betont, daß das Satelliten-Netz eine Ergänzung zu bestehenden Mobilfunkdiensten ist und diese nicht etwa ersetzen soll.

Bei Iridium wird das grenzenlose Telefonvergnügen mit rund fünf Mark pro Minute zu Buche schlagen. Billiger soll es beim Konkurrenten Globalstar sein, der nur eine Mark pro Minute anpeilt und ab 1999 den Betrieb aufnimmt. Ob das preiswert genug ist, um schon zu Beginn die angepeilten rund fünf Millionen Kunden zu gewinnen, steht in den Sternen. Schätzungen der Satellitenbetreiber und einiger Marktforschungsinstitute sprechen von 5 bis 15 Millionen potentiellen Kunden für Satellitentelefone und einem jährlichen Umsatz zwischen 15 und 20 Milliarden Mark.

Infos im Internet

Teledesic: http://www.teledesic.com/index.html

Sat-Kommunikation im Überblick: http://www.ee.surrey.ac.uk/Personal/L.Wood/constellations/overview.html#data

Ralf Butscher

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