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Solarstrom bei Nacht

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Solarstrom bei Nacht

Wer von Los Angeles aus stundenlang durch das Küstengebirge und über Sierra-Pässe gekurvt ist, glaubt in der flirrenden Hitze der Mohave-Wüste eine Fata Morgana zu sehen. Hunderte von glänzenden Sonnenanbetern scheinen um einen zentralen Altar gruppiert. Erst aus der Nähe gibt sich dieses Szenario als Solarkraftwerk zu erkennen: Ein Turm ist von 1900 Spiegel umkreist. “Solar Two” ist die zweite Phase eines Sonnenturms. Die Anlage wurde weitgehend mit den Spiegeln – sogenannten Heliostaten – der Vorgängerin “Solar One” bestückt.

Neu ist der Salzturm, der die Energie der Sonne zur Stromerzeugung nutzt. Die fünfzig Quadratmeter großen Heliostate lenken die einfallenden Sonnenstrahlen auf den zentralen, 100 Meter hohen Turm. Die so konzentrierte Energie erhitzt eine dickflüssige Sole, die rund 560 Grad Celsius heiß ist.

“Für den Umweg über das Salz haben wir uns entschieden, weil es Wärme sehr lange speichert. Wir werden unser Kraftwerk damit auch dann noch betreiben können, wenn die Sonne schon untergegangen ist”, erklärt Dr. Craig Tyner, der am Sandia National Laboratory in Albuquerque/New Mexico die Abteilung für thermale Solarforschung leitet und Solar Two mitentwickelt hat.

Der Kniff: Die im Salz gespeicherte Hitze wird über einen Wärmetauscher an einen Wasserkreislauf abgegeben. Dabei entsteht Dampf, der eine Turbine und damit einen Generator antreibt. Vier Prozent des so erzeugten Stroms verbraucht die Anlage freilich selbst:

Zwei bis drei Prozent werden für die Erwärmung der Rohre benötigt, um das Salz stets flüssig zu halten.

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Knapp zwei Prozent werden gebraucht, um die Salzpumpen anzutreiben. Die motorgesteuerte Ausrichtung der Spiegel fällt dagegen kaum ins Gewicht.

Betreiber von Solar Two ist das Energieversorgungs-Unternehmen Southern California Edison. “Technisch hat sich die 10 Megawatt-Anlage, die seit Juni 1996 in Betrieb ist, bereits bewährt”, erklärt Projektleiter Steve Taylor. “Doch erst Mitte 1998 werden wir wissen, ob sich die Anlage rechnet. Die Stromerzeugungskosten pro Kilowattstunde müssen dazu zwischen 5 und 12 Cents liegen.”

Anders als in den siebziger und achtziger Jahren – als Solar One in Betrieb war – muß der Solarstrom nun zu wettbewerbsfähigen Preisen erzeugt werden. Denn die Steuervorteile und Subventionen für Solarenergie wurden nach und nach gestrichen. Ob sich das neue solarthermische Kraftwerk jemals rechnen wird, zeigt sich erst, wenn die Folgen der Deregulierung der Stromwirtschaft abzusehen sind.

Besser steht es gegenwärtig um ein zweites solarthermisches Kraftwerk. Beim Solar Energy Generating System – kurz SEGS – wird die Sonnenenergie mit einer anderen Technik eingefangen: Verspiegelte parabolische Tröge, die das deutsche Unternehmen Flabeg lieferte, konzentrieren die Sonnenstrahlen auf ölgefüllte Rohre in ihrer Brennlinie.

Dieses Konzept ist preisgünstiger zu realisieren. Allerdings kann die Wärme dabei nicht gespeichert werden. Das heißt: SEGS liefert wirklich nur dann Strom, wenn die Sonne scheint. Neun dieser SEGS-Einheiten wurden seit 1984 gebaut (Gesamtleistung: 354 Megawatt).

Doch auch dieses Solarkraftwerk steht wirtschaftlich noch keineswegs auf einem sicheren Fundament. Die ursprüngliche Betreiberfirma Luz International ging 1991 Pleite. Erst nach vielerlei Schwierigkeiten gelang es einem neuen Unternehmenskonsortium, die Anlage wieder flott zu machen.

Auch wenn beide solarthermische Anlagetypen gegenwärtig mit Problemen zu kämpfen haben, ist Craig Tyner vom Sandia Lab überzeugt, daß sich die Solarthermie in den kommenden 20 Jahren durchsetzen wird. Die vielgepriesene Stromerzeugung über Photovoltaik-Kraftwerke sieht er dagegen erst sehr viel später kommen.

Deregulierung Nach der Jahrhundertwende soll in den USA Strom auf dem freien Markt gehandelt werden. Bisher haben die privaten Elektrizitätswerke – ähnlich wie in Deutschland – in ihrer Region ein Monopol. Dafür müssen sie Tarife mit öffentlichen Kommissionen aushandeln. Künftig werden sich die Stromversorger in Erzeuger und Anbieter aufspalten. Anbieter und Großkonsumenten sollen Elektrizität zu Markpreisen landesweit einkaufen können. Die Deregulierung könnte dazu führen, daß weitere Unternehmen aus der finanziell aufwendigen solaren Stromerzeugung aussteigen oder ihre Pläne ad acta legen.

Photovoltaik Die direkte Stromgewinnung aus Solarzellen rechnet sich bisher nur für die dezentrale Nutzung – fernab der öffentlichen Stromnetze. Dennoch gibt es immer wieder Pläne für neue Kraftwerke. So wollen die Firmen Amoco/ Enron eine 10-Megawatt- Anlage mit Dünnschicht-Solarzellen in Nevada bauen – sobald die Stromabnahme garantiert ist. Nach ihren Angaben soll die dort produzierte Kilowattstunde Strom lediglich 5 Cent kosten – ein Preis, der Solarstrom schlagartig wirtschaftlich machen würde.

Bruni Kobbe

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