„Das ist eine der wichtigsten Entdeckungen der ganzen Mission“, freut sich Michael Belton von den National Optical Astronomy Observatories in Tucson, Arizona, und deutet auf die Fotos der feinen Ringe, die die Raumsonde Galileo aus fast 800 Millionen Kilometer Entfernung vom Jupiter zur Erde gefunkt hat. Nach langem Rätselraten hat Belton zusammen mit Wissenschaftlern der Cornell University in Ithaca, New York, nun herausgefunden, wie die Jupiterringe entstehen. Die Erkenntnis verdanken sie drei Dutzend Gegenlichtaufnahmen von Galileo, worin sich die Ringe sowie die kleinen Monde erstmals im Detail zeigen. Die Bahnen dieser Monde sowie die Farbe und der Aufbau des Ringsystems beweisen, daß der Ringstaub von den Monden stammt.
Jupiters Ringsystem erstreckt sich 92000 bis 250000 Kilometer entfernt vom Planetenzentrum in den Raum hinaus (zum Vergleich: Jupiters Radius beträgt rund 71500 Kilometer). Die Ringe bestehen aus winzigen Staubkörnchen – im Gegensatz zu den zentimeter- bis metergroßen Eisbrocken der Saturnringe. Sie leuchten im Gegenlicht der Sonne 20mal heller als im Auflicht.
Die Jupiterringe setzen sich aus drei Komponenten zusammen: einem torusförmigen Halo (30000 Kilometer Durchmesser im Querschnitt), dem wenige hundert Kilometer dicken Hauptring und dem diffuseren Gossamer-Ring („Gespinst“-Ring). Die Astronomen entdeckten jetzt, daß der Gossamer-Ring aus zwei ineinander verschachtelten Einzelringen besteht.
Insgesamt vier Monde mit Durchmessern zwischen 20 bis 250 Kilometern bewegen sich entlang der Außenränder der Jupiterringe: Metis, Adrastea, Amalthea und Thebe. „Ihre bizarr geformten Oberflächen sind stark von Meteoritenkratern geprägt und haben dieselbe rötliche Farbe wie die Ringe“, erläutert Joseph Veverka von der Cornell University.
Die Wissenschaftler nehmen an, daß der Ringstaub von Meteoroiden – winzigen Splittern von Planetoiden und Kometen – aus den Ringmonden geschlagen wird. „Die Meteoroiden dringen in die Oberfläche der Monde ein, verdampfen dort und explodieren. Dabei werden die Trümmer vermutlich so stark beschleunigt, daß sie dem Schwerefeld der kleinen Monde entkommen können“, erklärt Burns. Die Trümmer geraten dann wohl auf Spiralbahnen um Jupiter. Durch den ständigen Nachschub an Staub könnten sich die einzelnen Trümmerwolken zu einer geschlossenen Scheibe vereinigen.
Für diese Deutung spricht auch die räumliche Verteilung des Ringstaubs, die mit der Bahnneigung der Ringmonde zusammenhängt: Metis und Adrastea umrunden Jupiter exakt in der Äquatorebene. Entsprechend flach und scharf umgrenzt ist der Hauptring. Thebe und Amalthea dagegen schlingern auf einer stärker geneigten Bahn um Jupiter. Der Staub, der von ihnen freigesetzt wird, breitet sich daher diffuser im Raum aus. Deshalb sind die Gossamer-Ringe, die sich Amalthea und Thebe anschließen, dicker und weniger kompakt. Ihre Ober- und Unterkante sind besonders hell – und somit staubreich -, weil sich die Monde dort länger aufhalten.
Die Lebensdauer der Ringteilchen ist nur kurz. Ihre Bahnen werden von Strahlungs- und elektromagnetischen Prozessen gestört, so daß sie innerhalb eines Jahres auf den Jupiter stürzen.
Rüdiger Vaas