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Surfer helfen Forschern

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Surfer helfen Forschern
Per Mausklick kann man Tübinger Astronomen dabei unterstützen, den himmlischen Röntgenstrahlern auf die Spur zu kommen.

Es geht ganz einfach: Man braucht nur die Homepage des Projekts „Xpulsar@home“ zu öffnen (www.xpulsar.de) und sich „zum Applet“ weiterzuklicken. Schon ist der Rechner an das Institut für Astronomie und Astrophysik in Tübingen angeschlossen und überläßt ihm seine brachliegende Kapazität. Und während der Besitzer weiterhin nach Lust und Laune im Internet herumsurft, hilft sein Computer, das Rätsel der Röntgen-Pulsare zu lösen. Pate für diese Idee stand „SETI“, das amerikanische Projekt zur Suche nach außerirdischem Leben. Dabei wurden Signale von Radioteleskopen auf viele Privat-Computer verteilt und von diesen nach Mustern durchforstet, die auf extraterrestrische Intelligenz schließen ließen – bisher allerdings ohne Erfolg. Rund zwei Millionen Teilnehmer stellten ihre Rechner-Kapazität zur Verfügung. Bis Ende 1999 kamen so 80000 Computerjahre zusammen. „ Bei unserem Projekt rechnen wir mit über 10000 Teilnehmern“, erklärt Prof. Hanns Ruder, Chef des Tübinger Instituts. „Dadurch haben wir mehr Rechnerzeit, als wir an irgendwelchen Großrechnern jemals bekommen würden. Wir wollen die Computerleistung nutzen, die rumschimmelt, wenn man lediglich im Internet herumsurft. Von dem, was in einem Computer an Rechenleistung steckt, wird gewöhnlich nur ein Millionstel genutzt. Den gewaltigen Rest kann uns jeder zur Verfügung stellen, ohne daß er eine Einbuße hat. „

Der riesige Aufwand gilt den geheimnisvollen Röntgen-Pulsaren, die Röntgenstrahlung in einem bestimmten Verteilungsmuster in den Raum schicken. Seit rund 20 Jahren registrieren Satelliten diese Strahlung. Doch wieviel davon in welche Richtungen emittiert wird, ist immer noch ein Rätsel. Der Röntgenstrahler ist stets ein winziger, hochverdichteter Stern, 1,4mal so schwer wie die Sonne, aber nur 20 Kilometer dick. Dieser Neutronenstern dreht sich rasend schnell um seine Achse. In seiner Nähe steht ein normaler Stern, von dem er aufgrund seiner immensen Anziehungskraft Materie absaugt. Sie sammelt sich um den schwergewichtigen Zwerg in einer Scheibe und stürzt von deren innerem Rand auf den Neutronenstern. Dort lenkt sie ein starkes Magnetfeld zu den Magnetpolen, wo sie mit halber Lichtgeschwindigkeit aufprallt. „Die Quellen der Röntgenstrahlung sind die Millionen Grad heißen Hotspots an Nord- und Südpol“, erläutert Ruder. „Sie strahlen nach dem gleichen Prinzip wie eine Röntgenröhre beim Arzt. Wo ihre Strahlung hingeht – senkrecht nach oben oder seitlich oder sonstwohin –, dazu gibt es verschiedene Theorien, über die noch nicht entschieden ist.“ Zu uns kommt diese Strahlung nicht auf direktem Weg. Sie muß zum Beispiel gegen abstürzende Materie ankämpfen, an deren Teilchen sie gestreut wird. Dabei können die Röntgen-Photonen auch zur Pulsaroberfläche zurückgeschleudert werden, wo sie reflektiert und erneut ausgesandt werden. Die Astronomen versuchen, den Weg von Millionen oder sogar Milliarden Röntgen-Photonen bei zufälligen Zusammenstößen mit den Hochgeschwindigkeitsteilchen zu berechnen. Für jeden einzelnen Datensatz werden rund eine Milliarde Photonen losgeschickt und ihr Weg bis zum Beobachter rechnerisch verfolgt. Am Ende sollte sich ein Modell herausschälen, das mit den Meßwerten der Satelliten übereinstimmt. „Jedes einzelne Photon erfordert eine umfangreiche Rechnung“, erklärt Ruder. „Das ergibt einen gewaltigen Rechenaufwand. Und so entstand der Gedanke, die vielen ungenützten Kapazitäten der privaten Computer einzuspannen.“ Vor allem Schulen sollen gewonnen werden, und zwar durch einen Wettbewerb, der seit Anfang März bis zum 30. Juni 2000 läuft. Die Schule, die bis dahin die meiste Computerzeit zur Verfügung stellt, bekommt ein Fernrohr „NexStar5″ und einen Laptop von IBM – kein schlechter Lohn für ein paar Mausklicks.

Wolfram Knapp

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