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Taucherspiele

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Taucherspiele
Von Spielzeugtauchern, die Schätze heben, und Fischen, die durch einen Ring tauchen. Durch geschickte Steuerung des Drucks an der Wasseroberfläche lassen sich die Wasserakrobaten zu ihren Kunststücken bewegen. Ihr Geheimnis ist pure Physik.

Welche Bedingungen Spielzeugtaucher unter Wasser antreffen, erfährt man bei einem einfachen Freihandexperiment. Aus einem sparsam aufgeblasenen Luftballon, der mit Gewichten so sehr beschwert wird, daß er gerade noch nicht sinkt, ist rasch eine Spielzeugboje hergestellt. Die Boje schwimmt an der Wasseroberfläche, wenn ihre mittlere Dichte (Masse geteilt durch Volumen) in dieser Lage kleiner ist als die Dichte des Wassers.

Damit sie bei dem folgenden Experiment nicht zu tief untergetaucht werden muß, darf der Ballon schwimmend an der Wasseroberfläche nur um wenige Prozent seines Volumens aus dem Wasser ragen. Zur leichteren Handhabung wird die Boje an eine Schnur geknotet, die durch eine Öse am Grund des Gefäßes zum oberen Rand läuft. Durch vorsichtiges Ziehen am Schnurende wird die Boje langsam versenkt. Die Kraft in der Schnur wird immer kleiner, bis die Schnur in einer bestimmten Tiefe plötzlich schlaff wird und die Boje zu Boden sinkt. Hätte man die Schnur kurz vor dem kritischen Punkt losgelassen, wäre die Boje wieder zur Wasseroberfläche gestiegen.

Das eigenartige Verhalten der Spielzeugboje läßt sich als Instabilität des mechanischen Gleichgewichts in der kritischen Tiefe verstehen. Zwei Kräfte ziehen den beschwerten Ballon nach unten: sein Gewicht G und die Schnurkraft S. Ihnen entgegen wirkt die Auftriebskraft A, deren Größe gleich dem Gewicht der verdrängten Wassermenge ist. Bevor an der Schnur gezogen wurde, waren Gewicht und Auftrieb im Gleichgewicht. Unter Wasser schrumpft aber das Volumen des Luftballons unter dem Wasserdruck, der mit dem Gewicht der auf ihm lastenden Wassersäule wächst. Dadurch verkleinert sich der Auftrieb. Die Schnur bleibt gespannt, solange der Auftrieb größer ist als das Gewicht. Wenn die Schnur schlaff wird, ist die Boje kräftefrei und könnte nach den Gesetzen der Mechanik in der Gleichgewichtslage bleiben. Das Gleichgewicht ist aber labil. Bei der geringsten Auslenkung nach oben oder unten überwiegt der Auftrieb oder das Gewicht und beschleunigt die Boje zunehmend von der Gleichgewichtslage weg.

Berechnungen: Der Wasserdruck in der Tiefe x unter dem Wasserspiegel ist wegen der Unzusammendrückbarkeit des Wassers

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p = po + ρgx, wenn po den Druck an der Wasseroberfläche, ρ die Wasserdichte und g die Schwerebeschleunigung bedeuten. Bei langsamen Bewegungen bleibt die Temperatur T der Luft im Ballon konstant. Für den Druck p und das Volumen V des Gases gilt dann das Gesetz von Boyle und Mariotte:

pV = mRT = C

m ist die (winzige) Masse und R die spezifische Gaskonstante pro Masseneinheit der Luft. Die Konstante C dürfen wir durch das Produkt des Außendrucks po und des Volumens Vo ausdrücken, das die Luftblase bei diesem Druck hätte: C = poVo. Das Gewicht G des Luftballons mit Beschwerung, der archimedische Auftrieb (V + VR)g (dem Betrage nach gleich dem Gewicht des verdrängten Wassers) und die Schnurkraft S stehen im Kräftegleichgewicht S + G = ρ(V + VR)g

Das Restvolumen VR ist das Volumen des Gummis und der Gewichte, gegebenenfalls vermindert um das Volumen, das über den Wasserspiegel ragt und daher kein Wasser verdrängt. VR kann positiv oder negativ sein. Im vorliegenden Fall ist es stets so klein, daß wir es für unsere Berechnung vernachlässigen.

Je stärker Luftballons aufgeblasen sind, desto mehr übersteigt ihr Innen- den Außendruck. Für schwach aufgeblasene Ballons ist der Druckunterschied zwischen Wasser und Luft zu vernachlässigen, was durch das gleiche Symbol p für den Druck im Wasser und im Gas zum Ausdruck kommt. Führt man das Volumen V auf den Druck p in der Luftblase zurück und setzt diesen dem Druck des Wassers an der Stelle der Blase gleich, erhält man die Schnurkraft als Funktion der Tiefe x

S = ρVog / (1+x/h) – G

mit der Abkürzung h = po /ρg für die Höhe der Wassersäule, die den Druck po hervorruft. Für den Atmosphärendruck po=1Bar=10N/cm2 ist h=10m. Will man etwa das Gleichgewicht (S = 0) in die Tiefe x = 0,5 m verlagern, dann gilt ρVog/G = 1,05. Das bedeutet, daß sich das Gewicht des verdrängten Wassers bei 1 Bar Druck nur um etwa 5 Prozent vom Gewicht G unterscheiden darf.

Schatztaucher: Dieses raffinierte kleine Spielzeug sieht von außen einer Glocke ähnlich, aus der unten aus einem Schlitz der Hülle die zwei Backen einer Zange herausstehen. Ich habe den Schatztaucher in einem mit einem Manometer ausgestatteten 25 Zentimeter hohen Standzylinder bei der Arbeit beobachtet. Der Schatztaucher ist – im Gegensatz zur Boje – in seiner Bewegung frei.

Im geschlossenen Gefäß wird der Druck po an der Wasseroberfläche mit Hilfe eines Heronsballes gesteuert. Bei jedem vorgegebenen Druck po an der Oberfläche hat der Taucher genau eine Gleichgewichtslage, die sich paradoxerweise bei Erhöhung des Drucks po – soweit möglich – nach oben, bei Erniedrigung von po in tiefere Regionen verschiebt.

Nach meinen Beobachtungen fängt der unbeladene Taucher bei einem Druck von 1,32 Bar an zu sinken und gleichzeitig die Zange zu öffnen. Bei po = 1,30 Bar hat der Taucher seine Gleichgewichtslage in 20 Zentimeter Tiefe. Die Differenz von 0,02 Bar entspricht genau den 20 Zentimetern Wassersäule. Wegen der Instabilität des Gleichgewichts muß man den Druck ständig mit dem Heronsball nachregeln, um den Taucher in der Nähe der Gleichgewichtslage zu halten. Soll der Taucher auf Tauchstation einen Gegenstand greifen, muß der Druck vorübergehend stark erhöht werden, damit der Taucher seine Zange weit öffnet. Erst bei einem Druck über po = 1,48 Bar, bei dem der Taucher “zu Grunde geht”, ist die Zange bis zum Anschlag offen. Der große Steuerdruck, den man zum Öffnen der Zange braucht, hat einen Vorteil: Er erlaubt, Lage und Funktion des Schatztauchers weitgehend unabhängig voneinander zu regeln, und verhindert, daß der Taucher seine Beute beim Aufstieg wieder verliert. Belastet läßt sich der Taucher entsprechend der Größe der Last bei niedrigeren Drücken manövrieren, er öffnet und schließt die Zange aber selbstverständlich bei den gleichen Drücken wie im unbeladenen Zustand.

Die Anatomie des Tauchers hat mich überrascht. Hatte ich die Luftblase in einem Gummibalgen eingeschlossen vermutet, fand ich bei der Sektion im Innern des Tauchers einen beweglichen, oben offenen Luftkasten. Er bewegt sich bei hinreichend großem Wasserdruck nach oben, während sich die Luftblase verkleinert. Dabei öffnet sich die Zange durch eine Hebelmechanik. Wie weit sich der untere Teil des Innenraums mit Wasser füllt, kann man nicht sehen, weil das Plastik undurchsichtig ist. Man kann es aber, wenn auch mit Mühe, nachrechnen und sich davon überzeugen, daß der Kasten erst bei hohem Druck von etwa zwei Bar mit Wasser volläuft. Daher besteht keine Gefahr, daß der Taucher beim Spielen absäuft.

Der japanische Fisch: Das besondere Element dieses Tauchers ist seine bewegliche Schwanzflosse. Solange der Fisch in seinem kugelrunden Aquarium obenauf schwimmt, bildet die Flosse mit dem Körper einen festen Winkel von etwa 70 Grad, der bei meinem Exemplar nach links absteht, als wolle der Fisch in eine scharfe Linkskurve schwimmen. Um den Fisch im Spiel durch einen aufrechtstehenden Ring in halber Höhe des Aquariums zu lenken, steht dem Spieler als einziger Eingriff ein Druckknopf zur Verfügung. Beim Druck auf den Knopf sinkt der Fisch – also wächst der Druck im Wasser. Der Wasserdruck steuert auch die Flosse, die sich gleichzeitig um so weiter nach rechts bewegt, je stärkerer Druck ausgeübt wird, bis zum Anschlag bei etwa 70 Grad nach rechts.

Ich habe den Fisch “seziert”, um zu sehen, wie dieses Verhalten in seinem Innern verwirklicht ist. Eine Schraubenfeder drückt die Flosse bei niedrigem Wasserdruck in ihre Ruhestellung.

Erhöht sich der Wasserdruck, dringt Wasser vom Schwanz her in einen von einem Gummibalgen umschlossenen Kolben und drückt ihn in die Luftblase im Bauch des Fisches, verkleinert dadurch ihr Volumen und setzt die Schwanzflosse in Bewegung. Der Gummibalgen dient dazu, die Grenze zwischen Luft und Wasser zu dichten.

Wie kann man den Fisch durch den Ring steuern, wenn man doch nur Einfluß auf eine einzige Größe, den Druck, hat, der sich am Winkel der Schwanzflosse ablesen läßt, falls die Flosse nicht links oder rechts am Anschlag ruht? Der Flossenantrieb von Fischen ist ein Impulsantrieb, dessen Leistung davon abhängt, wie schnell die Schwanzflosse geschlagen und Wasser entgegen der gewünschten Bewegungsrichtung beschleunigt wird. Er hängt daher nicht nur von der Größe des Drucks, sondern hauptsächlich von der Geschwindigkeit der Druckänderung ab. Obwohl nur ein einziger Knopf bedient werden kann, verfügt man daher über mehrere Steuerelemente, und zwar für die Höhe, für die Geschwindigkeit und für die Bewegungsrichtung des Fisches. Die Steuerungen sind allerdings nicht unabhängig voneinander.

Wolfgang Bürger

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