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Technik-Trend: Turbo fürs Handy

Allgemein

Technik-Trend: Turbo fürs Handy
Durch den neuen Mobilfunk-Standard GPRS soll Surfen mit dem Handy endlich Spaß machen.

Die Urteile über die neue Technik waren vernichtend: Die Stiftung Warentest schrieb vom „Surfen auf der Kriechspur“. Die Computerzeitschrift „c’t“ nannte es gar „Das Märchen vom Surfen mit dem Handy“. In beiden Artikeln ging es um WAP (Wireless Application Protocol), den Internet- Zugang für Handys. Die Mobilfunkbranche hatte den WAP-Standard vollmundig angepriesen. Doch unabhängige Tester bemängelten, daß selbst das Abrufen einfachster Informationen quälend lange dauere und teuer sei. Pro Online-Minute rechnen die vier deutschen Netzbetreiber 39 Pfennige ab. Kein Wunder, daß bislang kaum jemand WAP nutzt.

Das könnte sich bald ändern. Mehr als die Hälfte aller Europäer werden im Jahr 2005 mobil im Internet surfen, prognostiziert das Marktforschungsunternehmen Forrester Research – dann allerdings mit erheblich verbesserter Technik. Schon 2001, so Forrester, wird der neue Mobilfunkstandard GPRS (General Packet Radio Service) dem lahmen und unpopulären WAP-Dienst auf die Sprünge helfen. „Mit GPRS wird es möglich sein, sich genauso schnell durchs mobile Internet zu klicken wie heute durch das Menü eines Handys“, prophezeit Dirk Hofmann, Marketingdirektor für Smart Mobile Devices bei Siemens. Damit das schnelle Surfen mit WAP endlich Realität wird, haben die vier deutschen Mobilfunkbetreiber in neue Technik investiert. T-Mobil, ein Tochterunternehmen der Deutschen Telekom, steckte rund 300 Millionen Mark in sein D1-Netz, um im Dezember 2000 flächendeckend GPRS anbieten zu können. Die beiden Konkurrenten D2 Mannesmann und E-Plus wollen dann ebenfalls an den Start gehen. Der vierte Netzbetreiber VIAG-Interkom hat bereits im November den GPRS-Betrieb aufgenommen.

Der erhoffte Kundenansturm ist jedoch nicht vor 2001 zu erwarten. Dann erst dürfte eine Neuerscheinungsflut GPRS-tauglicher Handys die Mobilfunkshops erreichen. Mit den heutigen Geräten wird GPRS nicht zugänglich sein. „Für uns ist das ein größerer Schritt als der normale Übergang zur nächsten Handy-Generation“, erklärt Dirk Hofmann. Mit GPRS hält ein neuartiger Übertragungsmodus für Daten Einzug in die Handy-Welt. Ähnlich wie heute schon im Internet werden dabei die digitalen Informationsströme in kleine Pakete aufgesplittet, die sich im Netz mit den Datenhäppchen anderer Nutzer mischen. Weil GPRS den Anwendern mehrere Übertragungskanäle gleichzeitig freischaltet, wird das D1-Netz zum Start des Dienstes Datentransfer-Raten von bis zu 53,6 Kilobit pro Sekunde ermöglichen – etwa soviel, wie ein handelsübliches Modem im Festnetz erreicht, und etwas langsamer als ISDN. „Die erste Geräte-Generation wird das aber nicht voll ausnutzen“, sagt T-Mobil-Marketingmanager Jürgen Riedl.

Hohe Datentransferraten sind bereits seit einigen Monaten auch mit einer anderen Technik möglich – mit dem Standard HSCSD, wie ihn E-Plus für eine erhöhte monatliche Grundgebühr anbietet. Zusätzlich fallen Verbindungskosten je Minute an. Die Preise sind bislang nur für geschäftliche Nutzer attraktiv. Anders bei GPRS: „ Man wird mit seinem Handy praktisch ständig online sein“, sagt Siemens-Marketingdirektor Hofmann. „Wenn zum Beispiel eine E-Mail eintrifft, erscheint sie sofort auf dem Display.“

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GPRS nutzt die Übertragungskapazitäten so geschickt aus, daß das Mobilfunknetz nicht dauerhaft blockiert wird. Diese Technik ermöglicht völlig neue Tarifstrukturen: Die Netzanbieter planen, vor allem nach übermittelter Datenmenge abzurechnen und die Verbindungszeit deutlich zu verbilligen. So ist derzeit bei D2 Mannesmann ein Preismodell im Gespräch, nach dem Kunden für jede Online-Stunde weniger als 50 Pfennig zahlen. 10 Kilobit an Daten (was mehr als 10 WAP-Seiten entspricht) sollen zusätzlich zwischen 30 und 50 Pfennig kosten. Wer ständig online sein will, entrichtet einen monatlichen Grundpreis von 10 bis 20 Mark und zahlt dann nur noch Gebühren für übermittelte Bits.

Weil sich mit GPRS theoretisch bis zu 115 Kilobit pro Sekunde übertragen lassen, sehen viele Experten den Service als Etappe auf dem Weg zum Multimedia-Standard UMTS (Universal Mobile Telephone System), der mit maximal zwei Megabit pro Sekunde einen Turbo-Internetzugang ins Handy integrieren wird. Allerdings müssen die Anbieter dafür bis zum Start in zwei bis drei Jahren ein völlig neues Netz aus dem Boden stampfen. In der Zwischenzeit sollen GPRS-Telefone einen ersten Vorgeschmack auf Multimedia im Handy bieten. Für die Übertragung von Bildern reicht die Bitrate aus. „Für uns wird GPRS auch eine Art Prüfstein sein, welche Angebote die Kunden wollen“, sagt Roland Kuntze, Sprecher von VIAG Interkom. Außerdem werde das jetzige Mobilfunknetz mit dem UMTS-Start nicht gleich verschwinden. „Wir werden das GSM-Netz mit GPRS und UMTS eine Zeit lang parallel anbieten.“

Werden die Handynetze 2001 kollabieren, wenn die Kunden massenhaft mobil im Internet surfen? Die Netzbetreiber verneinen das unisono. T-Mobil-Sprecher Philipp Schindera verweist darauf, daß sein Unternehmen die Kapazitäten kontinuierlich ausbaut. „ 1999 haben wir mehrere Frequenzpakete ersteigert, die zusätzliche Belastungen durch mobilen Datentransfer auffangen sollen.“

GPRS und Hscsd – die Technik Wer bisher mit einem konventionellen Handy im Internet surfte oder Internet-Seiten auf sein Notebook übertrug, der mußte sich mit einer mageren Datenrate von 9,6 Kilobit pro Sekunde begnügen. Zwar stellt der Mobilfunkstandard GSM (Global System for Mobile Communication) insgesamt 22,8 Kilobit pro Sekunde je Verbindungskanal zur Verfügung, aber 13,2 Kilobit sind beim Datenverkehr für den Austausch von Fehlerkorrektur-Informationen vorgesehen. Schließlich kann ein fehlendes Bit einen ganzen Datensatz unbrauchbar machen.

Einen Geschwindigkeitssprung brachte der HSCSD-Standard (High Speed Circuit Switched Data), den der Netzbetreiber E-Plus seinen Kunden mit entsprechend ausgerüstetem Handy seit einigen Monaten anbietet. Durch eine verbesserte Kanalkodierung schraubt HSCSD die Datenrate auf 14,4 Kilobit pro Sekunde hoch. Dazu bündelt die Technik mehrere Übertragungskanäle – sogenannte Zeitschlitze –, von denen normalerweise nur einer für zwei Gesprächspartner zur Verfügung steht. Theoretisch können mit der HSCSD-Technik bis zu acht Kanäle kurzzeitig für einen Anwender reserviert werden. Das entspricht einer maximalen Übertragungsrate von 115,2 Kilobit pro Sekunde. Der Nachteil: Für andere HSCSD-Nutzer sind die Zeitschlitze jeweils kurzzeitig gesperrt.

GPRS (General Packet Radio Service) kann ebenfalls mehrere Kanäle zu 14,4 Kilobit pro Sekunde nutzen, macht die vorhandenen Übertragungskapazitäten allerdings gleichzeitig für mehrere Anwender verfügbar. Bei GPRS werden Daten in „Pakete“, kleine digitale Häppchen, aufgeteilt und einzeln auf die Reise geschickt. Im Mobilfunknetz mischen sie sich mit den Paketen anderer Nutzer. Erst beim Empfänger werden die Einzelteile wieder zum ursprünglichen Datensatz zusammengesetzt (siehe Grafik). Auf diese Weise können mehrere GPRS-Nutzer ständig mit dem Netz verbunden sein, ohne dabei Kanäle zu blockieren.

Frank Fleschner

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