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Trommeln der Revolution

Allgemein

Trommeln der Revolution
Ein Energieverschwender beginnt sich reinzuwaschen

Es schwappt im vollen Bottich – ein Rührer zerrt die schmutzige Wäsche hin und her: So wurde bislang auf amerikanische Art gewaschen. Jedesmal gingen 150 Liter Wasser den Abfluß hinunter. Doch nun sollen nach europäischem Vorbild Wasser und Energie gespart werden: durch Waschmaschinen mit horizontal gelagerten, rotierenden Trommeln.

Als vor einigen Jahren das Energieministerium (Department of Energy, DOE) striktere Energievorschriften androhte, besannen sich einige Waschmaschinen-Hersteller auf das bislang verschmähte europäische Trommelkonzept mit “horizontaler Achsenaufhängung”, wie die Techniker sagen. Die in Europa üblichen Geräte dieser Bauart verbrauchen heute im Schnitt ein Drittel weniger Wasser und zwei Drittel weniger Strom als die amerikanischen mit ihrer vertikalen Achsendrehung.

Die Chance auf Stromeinsparung ließ die US-Elektrizitätswerke aufhorchen: Sie müssen wegen bevorstehender Privatisierungen mit ihren Ressourcen haushalten und versuchen, ihre Kunden durch Werbekampagnen und Rabatte zum Stromsparen zu bewegen. Neben Kühlschränken waren auch die überholten Waschmaschinen reif für einen Innovationsschub.

Zunächst gaben E-Werke und Maschinenhersteller beim Electric Power Research Institute (EPRI) eine umfassende Marktanalyse in Auftrag. Wichtigstes Ergebnis der vierjährigen EPRI-Studie: Nicht nur umweltbewußte Konsumenten waren bereit, 50 bis 100 Prozent mehr für eine sparsame Trommel-Waschmaschine auszugeben. Am überzeugendsten für die Kunden war der schonendere Waschvorgang.

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Kein scharfkantiger Rührer zerrt hier am Gewebe, sondern die Wäscheteile purzeln durcheinander und werden dabei sauberer als im Rührbottich. Ein Zugeständnis an amerikanische Ungeduld: Zugeführtes Heißwasser muß dafür sorgen, daß der Waschgang nur zehn Minuten länger dauert als die bisherige 36minütige Rührbottich-Wäsche. “Das wird das amerikanische Wäschewaschen revolutionieren”, begeistert sich John Kesselring, Projektleiter am EPRI.

Ein Gang durch Geschäfte zeigt: Wo früher ausschließlich die Bottich-Versionen standen, sind nun ein bis zwei Trommel-Modelle prominent plaziert. Ausführliche Erklärungen und Rabattangebote von Elektrizitäts- und Wasserwerken garnieren viele Auslagen.

Die Trommel-Kampagne hat auch die Trocknertechnik in Bewegung gebracht: Das EPRI hat ein Mikrowellengerät entwikkelt, das die stromfressende Heißluft-Trocknung ersetzen soll. Da Mikrowellen die Wassermoleküle direkt aufheizen und verdunsten lassen – also das Gewebe nicht überhitzen -, spart diese Trocknung nicht nur Energie, sondern schont auch die Kleidung.

Die Waschmaschinenhersteller wollten allerdings nicht gleich zwei Innovationen in Angriff nehmen. Daher wird das erste Marktprodukt voraussichtlich von einem Hersteller für Küchen-Mikrowellengeräte gebaut werden – als handliches Tischgerät für Hotels und Studentenheime.

Das Energieministerium soll künftig wieder mehr in angewandte Energietechnik investieren dürfen: Ein Gremium im Auftrag des Weißen Hauses befand, die derzeitigen Ausgaben in Höhe von 2,3 Milliarden Mark seien “für die Energieanforderungen des 21. Jahrhunderts unzureichend”.

John Holdren, Professor für Umweltpolitik an der Harvard University und Leiter des Energiegremiums, bemängelt die Diskrepanz zwischen Worten und Taten: “Trotz allen Händeringens um die Klimaerwärmung sind die Investitionen zu deren Kontrolle gesunken.” Wenigstens können die Amerikaner nun ihre Wäsche mit gutem Gewissen waschen.

STROMSPAREN:

Nach den Abmachungen der Welt-Klimakonferenz von Kyoto im Dezember 1997 sollen die USA ihren Ausstoß an Treibhausgasen wie Kohlendioxid bis 2012 um sieben Prozent unter das Niveau von 1990 bringen. Der US-Energieverbrauch wird noch zu 85 Prozent aus fossilen Brennstoffen gedeckt. Ein Lichtblick: Der Anteil der erneuerbaren Energien ist 1996 (aktuellere Daten liegen nicht vor) gegenüber dem Vorjahr um fast acht Prozent gestiegen.

EPRI:

Das Electric Power Research Institute wurde 1973 im kalifornischen Palo Alto gegründet, um Forschung und Entwicklung für die Elektrizitätsindustrie zu leisten. Mehr als 700 Stromversorger landesweit tragen das jährliche Budget von etwa 900 Millionen Mark.

INVESTITIONEN:

Zehn Milliarden Mark werden pro Jahr in den USA in die Energieforschung investiert – Bundesregierung und privater Sektor steuern jeweils etwa die Hälfte bei. Um die Versprechungen auf der Welt-Klimakonferenz 1997 einzuhalten, will die Clinton-Administration in den nächsten fünf Jahren 11,3 Milliarden Mark investieren – ein Tropfen auf den heißen Stein des 900 Milliarden Mark umfassenden US-Marktes an fossilen Brennstoffen.

Infos im Internet

US-Energieministerium (Department of Energy): http://www.fe.doe.gov/

EPRI: http://www.epri.com

Bruni Kobbe

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