Vor mehr als 50 Jahren hielt der Physiker und Nobelpreisträger Erwin Schrödinger seine berühmten Vorlesungen „Was ist Leben?“. Schrödingers Frage ist nach wie vor aktuell. Denn so sehr sich Forscher der verschiedensten Diziplinen um eine Antwort bemüht haben – gefunden hat sie keiner.
Wie weit der Blick über den Tellerrand reicht, zeigten Wissenschaftler 1993 auf einer Konferenz zu Ehren des Physikers. Ihre Antworten auf Schrödingers Frage und ihre Ideen zur Entwicklung der Biologie in den nächsten 50 Jahren sind jetzt in einem Buch zusammengefaßt.
Eine einfache Bettlektüre ist das nicht: Wenn sich John Maynard Smith und Eörs Szathmary über die Analogie der genetischen Sprache DNA und unserer gesprochenen Sprache als informationsverarbeitende Systeme unterhalten, oder wenn Christian de Duve die Frage nach der Henne und dem Ei neu definiert, indem er fragt: RNA ohne Protein oder Protein ohne DNA?, dann sollte man von Physik, Chemie und Biologie schon etwas mehr als Schulwissen haben.
Noch komplizierter wird es, wenn J. A. Scott Kelso und Hermann Haken sich Gedanken über Selbstorganisation in offenen Nichtgleichgewichts-Systemen machen und fragen, wer denn eigentlich den genetischen Code programmiert habe, oder wenn Roger Penrose versucht, die Physik des Gehirns zu ergründen. Wer sich aber von den fundierten wissenschaftlichen Diskussionen nicht abschrecken läßt, der wird mit der exotischen Gedankenwelt heutiger Wissenschaftler belohnt, die sich ganz im Sinne Schrödingers in fremdem Terrain auf Entdeckungsreise begeben haben.
Jeder Artikel kann dabei für sich gelesen werden und bietet für den speziell Interessierten fast immer ein wertvolles Literaturverzeichnis.
Michael P. Murphy, Luke A. J. O’Neill (Hrsg.) WAS IST LEBEN? DIE ZUKUNFT DER BIOLOGIE Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 1997 208 S., DM 48,-
Julia Thiele