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Wetter: Gesalzene Wolken

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Wetter: Gesalzene Wolken
Wissenschaftler verzeichnen erstmals Erfolge bei dem Versuch, es regnen zu lassen: Eine Mischung aus Kalium- und Natriumchlorid macht´s möglich.

Der Traum ist so alt wie die Menschheit: Wenn die Ernte zu verdorren droht, bringt ein Zauber Regen herbei. Doch nicht nur Schamanen und Gurus versuchen schon lange ihr Glück. Wissenschaftler sprühen seit einem halben Jahrhundert Silberjodid oder Trockeneis in Wolken, um sie zum Regnen zu zwingen. Einen stichhaltigen Nachweis über die Wirksamkeit ihrer Machenschaften blieben sie bislang allerdings schuldig. Lichtblick ist ein neues Verfahren, das bei Tests in Südafrika und Mexiko recht gut abgeschnitten hat. „Man ist noch nicht am Ziel, aber nahe dran“, urteilt der kanadische Atmosphärenphysiker Prof. Roland List, ehemaliger Vorsitzender der Arbeitsgruppe für Wettermodifikation in der World Meteorological Organization (WMO). Die Flugzeuge versprühen winzige Salzkristalle aus Kalium- und Natriumchlorid, die als Kondensationskeime die Tropfenbildung anregen. Wie das Küchensalz im Streuer saugen sie die Feuchtigkeit auf, so daß rasch große Tropfen heranwachsen. Das Tempo entscheidet über den Erfolg, denn eine typische Cumuluswolke – bislang einziger Aspirant für eine Impfung – löst sich meist schon nach einer halben Stunde wieder auf. Wenn die Tropfen bis dahin nicht fett und schwer genug sind, um zur Erde zu fallen, bleibt der Regen aus.

Der südafrikanische Altmeister der Wolkenmelker, der inzwischen verstorbene Atmosphärenphysiker Graeme Mather, war durch Zufall auf die Idee gekommen. Vor einem Jahrzehnt fiel ihm eine ungewöhnliche Wolke auf, die als einzige weit und breit Regen versprach. Bei der Analyse der Kondensationskeime stieß er auf die wassersaugenden – Fachjargon: hygroskopischen – Salze und entdeckte bald auch deren Herkunft. Die Wolke war über die Abgasfahne einer Papierfabrik gedriftet. Mather und sein Forscherteam von der südafrikanischen Firma Cloudquest imitierten daraufhin die Fabrikemissionen und starteten eine langjährige Versuchsreihe. Sie kamen zu dem Ergebnis, daß derart geimpfte Wolken 30 Prozent mehr Regen produzieren als gewöhnliche. Der Erfolg ließ 1996 amerikanische Kollegen auch in Mexiko zum Salz greifen. Die Tests sind zwar noch nicht abgeschlossen, doch die Resultate sollen sogar noch besser sein als die in Südafrika. Hygroskopische Salze greifen in den unteren, warmen Wolkenschichten an. Die bisher verwendeten Regenstimulantien – Silberjodid und Trockeneis – wirken dagegen hoch oben, wo die Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt liegen. Trotz der schneidenden Kälte bleibt dort manchmal Wasser flüssig. Silberjodid und Trockeneis, so die Theorie, verwandeln dieses unterkühlte Wasser schlagartig in Eis und Schnee.

Die Praxis sieht freilich anders aus. Kein Experiment bisher konnte überzeugen. Dennoch verdienen Firmen Millionen mit der Regenmacherei. Mehr als 40 Länder weltweit investieren in die zweifelhafte Kunst der Wettermanipulation. Wenn Ernteverluste drohen, fragt niemand nach Garantien. Aber auch das neue Verfahren läßt die Menschen in den Dürregebieten nicht aufatmen. Was in kleinen Cumuluswolken funktioniert, muß noch lange nicht großflächig klappen, wie es für die Beregnung ganzer Landstriche nötig wäre. Die Sorge mancher Juristen, daß eine Region der anderen den Regen stiehlt, kommt also verfrüht. Immerhin: Ökologisch gibt es nichts zu mäkeln an der Regenmacherei, denn die versprühten Salze schweben ohnehin in der Atmosphäre – wenn auch in geringerer Konzentration und in anderer Korngröße: Beim Verdunsten von Meerwasser gelangt ständig Kalium- und Natriumchlorid in die Luft. Eine Regenquelle, die die Natur seit jeher nutzt.

Klaus Jacob

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