Wie haben Sie den Tag erlebt?
Ich war zwar vorbereitet, doch auf die-ses Ausmaß war kaum einer von uns 60 Notfallseelsorgern gefasst. Für Pfarrer ist es aber auf jeden Fall einfacher, mit dem Tod umzugehen, weil wir häufiger damit konfrontiert werden und darüber reflektieren.
Ist es besonders schwer, traumatisierten Kindern zu helfen?
Sicher ist es schwierig, wenn Hunderte Schüler am Rand ihrer psychischen Kräfte sind. Wichtig ist, zuzuhören und vorsichtig ein Gespräch zu lenken. Ich musste auch Fragen offen lassen wie: Warum habe ich überlebt und mein Freund nicht? Warum habe ich mein Kind heute Morgen nicht richtig verabschiedet?
Wie grenzen Sie sich ab, um nicht selbst von Gefühlen überwältigt zu werden?
Obwohl man ahnt, wie man selbst als Betroffener reagieren würde, versucht man in der professionellen Rolle zu bleiben. Da nützt eine gute Ausbildung. Es ist aber immer eine Gratwanderung, die Nähe zu den Betroffenen, die für das Vertrauen nötig ist, mit der professionellen Distanz zu verbinden.
Waren Sie an der Grenze ihrer Kräfte?
Ja, das ging schnell. Ich bin dann eine Stunde auf den Markt gegangen, um einzukaufen und Distanz zu gewinnen. Ich bin aus Selbstschutz geflüchtet, war mir über den Verdrängungsmechanismus aber bewusst. Auch die anschließenden Beerdigungen waren ungeheuer schwierig und eine Art Dauerstress. Eine solche direkte Gewalt gegen Personen ist etwas anderes als etwa der Tod durch einen Verkehrsunfall.