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Wie Spürhunde in der Zelle

Allgemein

Wie Spürhunde in der Zelle
Neue Turmormarker erhöhen die Chancen, einen Krebs schon früh zu erkennen. Das verbessert die Heilungschance des Patienten und erspart Risiken bei der Nachbehandlung.

Ein paar Tropfen Urin auf einem Teststäbchen sollen schon bald ausreichen, um Blasenkrebs in einem sehr frühen Stadium zu erkennen. Das Teststäbchen steht beispielhaft für die Entwicklung einer neuen Generation von Tumormarkern, mit denen die Krebsdiagnose verbessert werden soll. Beim internationalen Bayer-Forschungs-Kongreß in New York berichtete Prof. Robert C. Bast vom Krebsforschungszentrum in Houston, Texas, über die Fortschritte bei der Früherkennung mit Tumormarkern.

Diese biotechnisch konstruierten Moleküle sind für die Krebsmedizin von vierfachem Nutzen:

Sie zeigen Menschen in erblich vorbelasteten Familien (Brustkrebs, Darmkrebs), ob sie einen bestimmten Gendefekt tragen – und damit ein erhöhtes Risiko, selbst einmal an Krebs zu erkranken.

Sie signalisieren eine Krebserkrankung schon in einem Stadium, wenn andere Methoden dafür noch blind sind und verbessern durch die rechtzeitige Behandlung die Chance auf Heilung.

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Sie enttarnen nach einer konventionellen Krebstherapie mit Skalpell oder Strahlen eventuell übersehene Metastasen im Körper.

Sie ersparen dem Patienten bei einem negativen Suchergebnis unnötige, aber oft vorsichtshalber angewendete Folgebehandlungen mit schwer verträglichen Chemotherapeutika.

Die Tumormarker setzen an verschiedenen Stellen der Krebszelle an. Sie sind dabei entweder mit fluoreszierenden Farbstoffen oder radioaktiven Substanzen gekoppelt, die dem Arzt auf einem Bildschirm genau zeigen, wo sich ein Tumor befindet.

Die größte Rolle spielen sogenannte Protein-Agenten (Antikörper), die typische Stoffwechselprodukte von Krebszellen aufspüren. Bereits erprobt ist ein Antikörper gegen PSA (Prostata-spezifisches Antigen). Das PSA-Eiweiß wird von den Krebszellen der Vorsteherdrüse vermehrt ins Blut abgegeben, wo es gemessen werden kann.

Der Verlauf einer Krebsbehandlung läßt sich damit gut kontrollieren: je weniger PSA, um so weniger Krebszellen. Doch die Protein-Agenten haben nach Ansicht vieler Ärzte einen gravierenden Nachteil: Sie melden zu häufig einen Krebs, wo keiner ist.

Sicherer sind „Mikrosatelliten“ – kurze Erbgutstücke – die Chromosomen-Defekte im Zellkern aufstöbern. Da bei vielen Krebsarten bestimmte Stücke eines Chromosoms fehlen oder verändert sind, können für diese bekannten Bereiche des Erbguts ebenfalls Marker konstruiert werden. Sie spüren Krebszellen in beinahe allen Körperausscheidungen auf: bei Blasenkrebs im Urin, bei Darmkrebs in Stuhlproben, bei Lungenkrebs im Speichel.

Noch genauer sind Gen-Sonden. Sie überprüfen nicht ganze Abschnitte des Erbguts – wie die Mikrosatelliten -, sondern suchen nach einzelnen krebsverursachenden Mutationen. Denn Krebs kann – selbst im gleichen Organ – auf verschiedene Weise ausgelöst werden. Vererbter Brustkrebs etwa kann durch viele Mutationsvarianten im gleichen Chromosom-Abschnitt ausgelöst werden. Manche Tumoren sind bösartiger, manche lassen mehr Zeit für die Behandlung, mit manchen kann man gut leben.

Während der Mikrosatellit nur meldet: „Hier wuchert ein Tumor“, geben Gen-Sonden detaillierte Auskunft über den ganz speziellen Krebs und ermöglichen eine individuell angepaßte Therapie, die eine zu intensive Behandlung mit unnötigen Nebenwirkungen vermeidet. Der Nachteil dieser Methode ist, daß man anstelle weniger Mikrosatelliten Hunderte von Gen-Sonden braucht, um alle bekannten Krebsvarianten zu erfassen.

Die Herstellung der Gen-Sonden kostet zwar Zeit und Geld, die Krebsmediziner halten den Aufwand jedoch für angemessen. Prof. Bast berichtete in New York von einer vergleichenden Studie über die Diagnose und Therapie bei Eierstockkrebs, einer der fünf häufigsten Krebsarten bei Frauen. Während die konventionelle Ultraschalldiagnose nur 0,2 Prozent des Tumors im Frühstadium aufdeckt, gelingt dies mit Tumormarkern bei 95 Prozent.

Die Konsequenzen sprechen für sich: Bei einem spät erkannten Eierstockkrebs überleben nur 20 Prozent der Frauen die nächsten fünf Jahre, setzt die Behandlung dagegen sehr früh ein, überleben 90 Prozent.

Jürgen Nakott

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