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Zwischen Technotempel und Disneyland

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Zwischen Technotempel und Disneyland
Amerikas Wissenschaftsmuseen boomen – dabei mutieren sie von öden Ausstellungshallen zu bunten Erlebniswelten.

Sie fahren mit einem Einrad in sechs Meter Höhe auf einem Drahtseil, klettern durch ein menschliches Herz, fahren mit einer Achterbahn durch Blutgefäße, steuern echte Forschungsroboter oder simulieren durch Fußtrampeln ein Erdbeben. Amerikanische Museumsbesucher müssen ganz schön was leisten, um ihre Lektion in Physik, Biochemie oder Computertechnik zu erhalten. Doch sie tun es gerne. Denn immer häufiger lockt ein bunter Mix aus Zirkus, Jahrmarkt und Extravaganz die Besucher in Amerikas Science-Center. Drei brandneue Tempel der unterhaltsamen Weisheit haben dieses Konzept jetzt auf riesigen Ausstellungsflächen umgesetzt: Das Center for Science and Industry (COSI) in Columbus (Ohio), sowie die Science-Center in Kansas City (Missouri) und St. Paul (Minnesota). Die je 100 Millionen Dollar teuren architektonischen Schmuckstücke öffneten vor wenigen Monaten ihre Tore. „Das ist nur der Anfang eines neuen Booms“, sagt Ellen Griffee vom Verband amerikanischer Wissenschafts-Museen. Von den rund 330 US-Science-Centern steht fast jedem zweiten in den nächsten drei Jahren ein großer Umbau oder eine Expansion bevor. Außerdem sind 25 bis 40 Museen geplant. „Besonders in kleinen Gemeinden besteht immer häufiger der Wunsch nach einem Science-Center“, weiß Griffee. „Sie werden demnächst so selbstverständlich wie die Gemeindebibliothek.“ Dabei reicht es schon lange nicht mehr, das Publikum durch öde Hallen zu führen und endlose Glaskästen mit aufgespießten Käfern zu zeigen. „Nur gukken ist langweilig. Der Besucher will Naturwissenschaft ,hands-on‘ erleben“, so Linda Dackmann vom Exploratorium in San Francisco, das dem Besucher eine ganze Reihe von laufenden Experimenten präsentiert. Doch auch auf die Verpackung kommt es an: „Der Einfluß der Unterhaltungsindustrie auf unsere Branche ist unübersehbar“, analysiert Phelan Fritz, vom Museum for Science and Industry (MSI) in Chicago. Kein Wunder also, daß sowohl neue als auch alte Science-Center immer häufiger an Disneyland oder die Universal Filmstudios erinnern. Zwar gibt es in den Science-Centern noch keine Mickymäuse, doch so manches Museum engagiert Schauspieler, die bunt kostümiert die Besucher durch die Ausstellung führen oder die Wartezeiten verkürzen. Die Eintrittspreise sind mit 7 bis 12 Dollar im Vergleich zu den dreimal so teuren Themen-Parks relativ günstig. Doch es gibt genug Möglichkeiten für Extra-Ausgaben: Angefangen von den Parkgebühren, über die „Food-Courts“, die mit überteuerten Schnellgerichten locken, bis hin zum obligaten Museums-Shop. „Der Museumsmarkt ist mittlerweile eine Multi-Milliarden-Dollar-Branche“, so Phelen Fritz. „Sie ist noch größer als die amerikanische Sportindustrie mit sämtlichen Foot- und Baseball-Ereignissen.“ Der Appetit der Amerikaner auf „ Science-Entertainment“ scheint ungebremst: Ilan Chabay, einer der erfolgreichsten Schöpfer von wissenschaftlichen Ausstellungen, beliefert seit kurzem nicht nur MSI und Co. Seine bis zu 20000 Dollar teuren Schaukästen halten immer häufiger Einzug in Arztpraxen, Flughäfen und Firmen-Lobbys, sogar in MacDonalds-Läden. Schon über 40 Fast-Food-Restaurants bieten neben Pommes auch Phytagoras.

Science-Center

sind naturwissenschaftliche Museen auf amerikanisch, deren interaktive Ausstellungen mit jedem Jahr größer, bunter und lauter werden. Ursprünglich kam die Idee aus Deutschland. Das 1903 gegründete Deutsche Museum in München war Vorbild für die ersten US-Science-Center in den dreißiger Jahren, wie zum Beispiel das berühmte Museum of Science and Industrie in Chicago oder das Franklin Institute in Philadelphia.

hands-on

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„Zum Anfassen“ – und somit zum Experimentieren – sind die naturwissenschaftlichen Phänomene, die in den meisten Ausstellungen der Science- Centers vermittelt werden. Der Besucher muß Knöpfe drücken, Hebel betätigen oder an Leinen ziehen, um physikalische Gesetze oder Prinzipien der Computertechnik zu erfahren. Mutter aller interaktiven Science-Center ist das Exploratorium in San Francisco, das 1969 von Frank Oppenheimer gegründet wurde.

Désirée Karge

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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

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