Die neuen Untersuchungen bestätigen nach Meinung der Forscher ihre schon vor drei Jahren vertretene These, dass der Chicxulub-Einschlag selbst kein Massensterben verursachte. Das schließen sie aus der Untersuchung von Mikrofossilien. Keller zufolge stiegen die Temperaturen am Ende der Kreidezeit an Land um sieben bis acht und im Meer um drei bis vier Grad Celsius. Verantwortlich dafür seien Treibhausgase gewesen, die zusammen mit gewaltigen Lavamengen in Indien aus der Erde quollen. „Die Temperaturen stiegen sehr schnell an, innerhalb von 20.000 Jahren“, sagt Keller. „Dann blieb es etwa 100.000 Jahre warm, aber vor dem Massensterben hatten die Temperaturen wieder normale Werte erreicht.“ Winzige Meereslebewesen reagierten auf die Erwärmung, indem sie zu Liliputanern wurden und besonders viel Nachwuchs produzierten, berichtet Keller in einem zweiten Vortrag.
Erst später versetzte ein zweiter Meteoriteneinschlag vielen Lebewesen den endgültigen Todesstoß, so das Forscherteam. „Es gibt Hinweise darauf, dass der Einschlag Indien getroffen hat“, sagt Keller. „Dort gibt es einen 500 Kilometer großen Krater namens Shiva.“ Der Forscherin zufolge hinterließ erst dieser Einschlag die berühmte Iridium-Schicht.
Andere Geologen halten Kellers Deutung der Ereignisse für viel zu kompliziert. „Ich glaube, dass man alle Beobachtungen durch ein einziges Ereignis, nämlich den Meteoriteneinschlag im Golf von Mexiko, erklären kann“, schreibt etwa der Geologe Jan Smit von der Freien Universität Amsterdam auf seiner Homepage. „Keller zieht es dagegen vor, für jedes Phänomen eine eigene Erklärung zu liefern.“ Smit zufolge gibt es keinerlei Hinweis auf zwei Meteoriteneinschläge kurz nacheinander. Die fraglichen Ablagerungen seien alle durch den Chicxulub-Einschlag entstanden.