Trotz großer Fortschritte im Bereich der Kosmologie ist es nach wie vor ein Rätsel, wie und wann die ersten Galaxien magnetisch wurden. Zwar zeigen Messungen in der Milchstraße und bei nahe benachbarten Galaxien, dass sie alle ein schwaches, aber geordnetes Magnetfeld besitzen. Doch ob dies auch schon bei früheren Galaxien der Fall war und wie diese Felder damals aussahen, ist unbekannt. Auch zur Entstehung der galaktischen Magnetfelder gibt es bisher nur Theorien. Eine besagt, dass sich das Magnetfeld einer jungen Galaxie erst allmählich entwickelt. Es beginnt sehr schwach und eher chaotisch und wird dann mit wachsendem Alter der Galaxie stärker und geordneter. Einer anderen Theorie nach prägten sich die Magnetfelder deutlich schneller und früher aus. Strömungen geladener Gase könnten dafür als Antrieb gedient haben – ähnlich den Strömungen leitfähiger Schmelze in unserem Erdkern.
Welche dieser Theorien stimmt, ist jedoch bisher unklar, denn das Magnetfeld ferner Galaxien lässt sich nicht direkt nachweisen. Während Gaszusammensetzung und Sternbildung leicht am Licht dieser Galaxien abzulesen sind, ist dies beim Magnetismus nicht der Fall. Doch nun ist Sui Ann Mao vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn und ihren Kollegen ein kosmischer Zufall zu Hilfe gekommen: Eine knapp fünf Milliarden Lichtjahre entfernte Galaxie zog vor einem acht Milliarde Licht Jahre entfernten Quasar vorbei. Die große Masse der Vordergrundgalaxie wirkte dabei wie eine Gravitationslinse: Sie verzerrte und verstärkte das Licht des Quasars und erzeugte zwei Abbilder von ihm. Das Entscheidende dabei: Beide abgelenkten Lichtstrahlen passieren die Vordergrundgalaxie. Besitzt diese Galaxie ein Magnetfeld, wird die Polarisation des Lichts auf charakteristische Weise beeinflusst und verändert. Ob die fünf Milliarden Lichtjahre entfernte Galaxie diese sogenannte Faraday-Rotation verursacht, haben die Astronomen nun mit Hilfe des Very Large Array, einem Zusammenschluss von US-Radioteleskopen untersucht.
Charakteristische Polarisation
Und tatsächlich: Die Galaxie veränderte die Polarisation des Quasarlichts. “Dieser Fund ist aufregend”, sagt Mao. “Denn diese Polarisierung des Quasarlichts, kombiniert mit der Tatsache, dass das abgelenkte Licht zwei Abbilder erzeugte, die durch verschiedene Bereiche der Galaxie strahlten, hat uns einige wichtige Informationen über das Magnetfeld dieser Galaxie geliefert.” Aus den subtilen Unterschieden in der Polarisation der beiden Quasar-Abbilder konnten die Astronomen entnehmen, dass die Galaxie ein ausgedehntes, gut ausgeprägtes und kohärentes Magnetfeld besitzen muss. Die Magnetfeldlinien sind dabei wahrscheinlich spiralig um die Rotationsachse der Galaxie angeordnet. “Das ist dem sehr ähnlich, was wir bei nahegelegenen, heutigen Galaxien beobachten”, sagt Mao. “Aber dies ist die bisher fernste Galaxie, von der wir solche Informationen haben.”
Nach Ansicht der Astronomen stützt ihre Entdeckung die Theorie, dass die Magnetfelder von Galaxien durch einen Dynamoeffekt erzeugt werden – und dass selbst frühe Galaxien bereits geordnete Magnetfelder besessen haben könnten. “Das bedeutet, dass der Magnetismus schon früh im Leben einer Galaxie durch natürliche Prozesse erzeugt wird und dass daher nahezu jeder Himmelskörper magnetisch ist”, erklärt Koautor Bryan Gaensler von der University of Toronto. Noch allerdings reichen die Daten nicht aus, um exakt zu bestimmen, was das Magnetfeld dieser und anderer früher Galaxie antreibt. “Um herauszufinden, welcher Prozess hier am Werk ist, müssen wir noch weiter in der Zeit zurückgehen – zu noch weiter entfernten Galaxien – und ähnliche Messungen ihres Magnetfelds durchführen”, ergänzt Mao.