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Das Schwarze Loch der Milchstraße

Astronomie|Physik

Das Schwarze Loch der Milchstraße
Ein schlafendes Energie-Monster berherrscht unsere Galaxis. Gewaltige Energiemaschinen im All leuchten heller als Millionen Sonnen. Auch wenn unsere Milchstraße zur Zeit sehr milde strahlt, ist das nur eine Ruhepause in ihrer stürmischen Geschichte.

Unsere Milchstraße hat einen Durchmesser von 100000 Lichtjahren und eine Gesamtmasse von einigen hundert Milliarden Sonnen. Etwa fünf bis zehn Prozent dieser Masse existieren in Form „Interstellarer Materie“ – Gas und Staub zwischen den Sternen -, die zu rund 70 Prozent aus dem leichtesten und einfachsten aller Elemente, dem Wasserstoff, zu etwa 28 Prozent aus dem zweitleichtesten Element Helium und zu nur zwei Prozent aus den schwereren Elementen bis hin zum schwersten stabilen Element Uran besteht.

Etwa ein Drittel bis zur Hälfte dieser schweren Elemente sind in der interstellaren Materie in Form kleinster Staubteilchen – mit einem Durchmesser von nicht einmal ein tausendstel Millimeter – auskondensiert, die das sichtbare Licht sehr effektiv absorbieren. Bei manchen fernen Galaxien, die sich uns „im Profil“ präsentieren, erscheinen deshalb die von der Schwerkraft des Sternsystems auf eine dünne Schicht zusammengezogenen Staub- und Gasmassen der interstellaren Materie als dunkler Streifen. Im zentralen Bereich von einigen 1000 Lichtjahren Durchmesser sieht man eine linsenförmige Aufbauchung, den sogenannten zentralen „Bulge“.

Die Absorption von Sternenlicht durch Staub führt zu einem astrophysikalisch außerordentlich wichtigen Prozeß: Die Staubteilchen werden aufgeheizt – typische Temperaturen des interstellaren Staubs liegen zwischen 10 und einigen 100 Kelvin – und strahlen die absorbierte Energie als Infrarotstrahlung, also als Wärme, wieder ab. Radio- und Infrarot-Teleskope können durch den interstellaren Staub „hindurchsehen“.

Schon die Beobachtung normaler Galaxien zeigt, daß in deren Zentralbereich extreme physikalische Zustände herrschen. 1943 entdeckte der aus der Schweiz stammende amerikanische Astronom Carl Seyfert in den Zentren einiger Spiralgalaxien die Existenz einer weit über die – an sich schon hohe – Leuchtkraft normaler Galaxienkerne hinausgehende zentrale Leuchtkraft.

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Heute wissen wir, daß rund zehn Prozent aller Galaxien diese Eigentümlichkeit haben. 20 Jahre später machte der niederländische, in Kalifornien forschende Astronom Maarten Schmidt eine sensationelle Entdeckung: Die zuvor rätselhaften Linien in den Spektren sogenannter Quasistellarer Radioquellen identifizierte er mit bekannten Linien, allerdings extrem ins Rote verschoben. Da das Weltall sich mit zunehmender Entfernung mit zunehmender Geschwindigkeit ausdehnt, ließ sich aus der Rotverschiebung auf eine riesige Entfernung und damit auch auf eine ungeheuer große absolute Leuchtkraft dieser Objekte schließen: Einige sind bis zu 10000mal leuchtkräftiger als unsere gesamte Milchstraße.

Allmählich setzte sich die Erkenntnis durch, daß Seyfert-Galaxien, wie sie zu Ehren ihres Entdeckers genannt werden, und Quasare – die Kurzform für Quasistellare Objekte – zwei Extremfälle derselben Sorte von himmlischen Objekten sind, die von nun an Aktive Galaxienkerne hießen. Die gewaltige Energie in ihrem Zentrum wird meist in einem Gebiet von weniger als einem Lichtjahr Durchmesser – verschwindend wenig im Vergleich zur ganzen Galaxie – erzeugt und freigesetzt.

Von den vielen diskutierten Modellen für diese Energie-Maschine setzten sich schließlich zwei durch: – Ein massereiches Schwarzes Loch – 106 bis 1010 Sonnenmassen schwer – sitzt im Zentrum. Es ist von einer Scheibe aus Gas und Staub umgeben. Ständig wird Materie angesaugt und stürzt auf die Scheibe. Bis zu 30 Prozent der aufgesammelten Materie wird dabei in Energie umgewandelt. – Die kurzzeitige, kollektive Entstehung einer großen Anzahl massereicher Sterne, jeder 50- bis 100mal schwerer als die Sonne, liefert die Energie. In ihrem Zentrum wird durch Kernfusion von Wasserstoff zu Helium 0,7 Prozent der an diesem Prozeß beteiligten Materie in Energie umgewandelt. Beide Prozesse erfordern allerdings einen über längere Zeit kontinuierlichen Nachschub an Materie, einen Massetransport zum Zentrum hin.

Das Zentrum unserer Milchstraße scheint sich zur Zeit in einem Aktivitätsminimum zu befinden, verursacht durch mangelnden Materie-Nachschub für das zentrale Schwarze Loch. Doch der Materiestrom von 0,01 Sonnenmassen pro Jahr in Richtung auf das dynamische Zentrum ist bemerkenswert.

Daß die Aktivität des Kerns unserer Milchstraße nur schwach ist, liegt daran, daß der Beitrag des Schwarzen Lochs an der Gesamtleuchtkraft der zentralen drei Lichtjahre vernachlässigbar klein ist. Sie wird vielmehr durch die Strahlung von etwa 25 massereichen Sternen verursacht, die von einem Starburst, einer Massengeburt von Sternen, vor rund 10 Millionen Jahren übriggeblieben sind. Wir sehen das Zentrum unserer Milchstraße als Momentaufnahme eines Vorgangs, der sich vermutlich etwa alle Milliarden Jahre wiederholt. Aber auch diese Momentaufnahme enthüllt Details, die wir in entfernten Galaxienkernen nie werden beobachten können.

Prof. Dr. Peter G. Mezger, Privatdozent Dr. Wolfgang J. Duschl und Dr. Robert Zylka
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