In den Dreißigerjahren fand in England eine Studie an 20 000 Schulkindern statt. Die Hälfte der Kinder erhielt täg- lich von den Lehrern einen halben Liter Milch, die andere Hälfte nicht. Das Ergebnis: Kinder, die keine Milch bekommen hatten, entwickelten sich besser. Doch kann man daraus schließen, dass Milch das Wachstum verzögert? Das ist natürlich blanker Unfug, denn die Lehrer hatten die Milch wahrscheinlich an die ärmsten Kinder verteilt, die schlecht ernährt waren.
Vorschnelle Schlüsse wie dieser haben die Statistik in Verruf gebracht. Und doch verhilft sie – richtig angewendet – im Nebel der Ungewissheit oft zu besseren Entscheidungen. Nicht nur im Gesundheitsbereich, auch in anderen Lebensfeldern ist fast nichts gewiss. Das ist den Menschen schon lange klar. Bereits im 12. Jahrhundert versicherten Kaufleute ihre Schiffe. Versicherungen stellten Vorschriften auf, überprüften die Beladung der Schiffe oder später die Technik von Dampfkesseln. So wurden große Katastrophen unwahrscheinlicher.
Das Buch des Mathematiker-Duos Kaplan beschreibt den Kampf gegen den Zufall und die Unsicherheit des Lebens, den die Pioniere der Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung geführt haben. Zu ihnen gehörte auch Florence Nightingale, die 1854 während des Krimkriegs mit statistischen Methoden die Qualität der Krankenpflege kritisierte und damit entscheidende Verbesserungen durchsetzte. Die Autoren fordern vom Leser zwar Mitdenken, sie erzählen aber auch bilderreich und spannend, was der Übersetzer Carl Freytag ausgezeichnet ins Deutsche übertrage hat. Antonia Rötger
Ellen Kaplan, Michael Kaplan EINS ZU TAUSEND Campus, Frankfurt 2007 384 S., € 22,– ISBN 978-3-593-38376-7